Was haben Eusebio, Louis van Gaal und die Störche gemein?

Oury Shem-Tov, Cor van den Hurk, Barend De Vries und Lex de Kleuver (v. li.) kümmern sich in Wageningen um das Fortleben des ehemaligen Klubs FC Wageningen

Raus aus dem Hotel, ein kurzer Fußweg durch ein kleines Wäldchen – schon sind die Störche im IKK Nord Trainingscamp im niederländischen Wageningen auf dem Trainingsplatz angekommen, auf dem sie taktische Abläufe weiter vorantreiben und an der Feinjustierung der Inhalte arbeiten. Doch wo genau hat sich die KSV hier eigentlich für sechs Tage niedergelassen? Die knapp 38.000 Einwohner zählende Gemeinde Wageningen liegt recht zentral in den Niederlanden und ist ein durchaus historischer Ort – in mehrerer Hinsicht: Hier wurden am 5. Mai 1945 die Kapitulationsdokumente unterzeichnet, die die deutsche Besatzung und somit den Zweiten Weltkrieg in den Niederlanden offiziell beendeten. Doch auch der hier ansässige Fußballverein – um auf den Sport zurückzukommen – ist buchstäblich bereits Geschichte. Zwar trainieren die KSV-Profis aktuell tagtäglich im „Wageningse Berg“ betitelten Stadion des Vereins, das letzte Pflichtspiel des 1911 gegründeten Klubs fand allerdings am 26.04.1992 statt. Am letzten Spieltag der zweitklassigen Eerste Divisie besiegte der FC Wageningen die Gäste von NAC Breda mit 2:1, beendete die Saison als Neunter im gesicherten Mittelfeld – und verschwand danach dennoch aus finanziellen Gründen für immer von der Bildfläche.

So weit, so traurig, aber auch nicht gänzlich unüblich im modernen Fußball. Unüblich ist hingegen, dass auch heute noch, über 28 Jahre nach dem letzten Punktspiel des Vereins, regelmäßig im Vereinsheim, das einem kleinen Museum ähnelt, Betrieb ist. Cor van den Hurk gehört mit einigen Mitstreitern einer Initiative an, die sich um die Erhaltung des Stadions, des Platzes und der damit verbundenen Infrastruktur des nicht mehr existenten Vereins kümmert. Jeden Dienstag treffen sie sich, schwelgen in alten Zeiten und planen künftige Aktionen. Auch andere Tatsachen wie stetig aktualisierte Bandenwerbung oder der Umstand, dass der Platzwart in einem Teil des Stadions samt Vorgarten auf der Tribüne wohnt, machen diesen Ort besonders.

Dass es zwar keinen Verein mehr, dafür aber einen Platzwart gibt, mutet kurios an, ergibt aber durchaus Sinn. Schließlich sind hier nicht nur die Störche, sondern auch immer wieder andere Profiteams wie der KAA Gent, CA Osasuna oder auch die österreichische Frauennationalmannschaft zu Gast. „Früher haben wir hier zu Hochzeiten vor 20.000 Zuschauern gespielt“, erinnert sich van den Hurk. Auch Weltstars wie der portugiesische Stürmer Eusébio, der hier 1962 ein Trainingslager mit Benfica Lissabon absolvierte, oder große holländische Trainer wie Louis van Gaal oder Gus Hiddink waren schon auf dem Rasen aktiv, auf dem dieser Tage die Holstein-Akteure trainieren. „In der Saison 1977/78 haben wir die PSV Eindhoven, die in dieser Spielzeit ansonsten ungeschlagen geblieben ist, mit 6:1 im Pokal besiegt“, denkt van den Hurk an eine weitere Sternstunde zurück. Auch an den Erstliga-Aufstieg des zweifachen niederländischen Pokalsiegers erinnert sich das Vereinsurgestein gern zurück. Ob diese historischen Erfolge der hiesigen Gastgeber ein gutes Omen für die Saison 2020/21 sind und ob es für die Störche einen positiven „Geist von Wageningen“ geben wird? Das werden die kommenden Monate zeigen…

Impressionen aus dem Stadion des FC Wageningen:

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