Ein Traum ging in Erfüllung

Tom Cichon im Porträt

Tom Cichon, der neue Co-Trainer der KSV Holstein, wurde mit der U17 von Bayer Leverkusen Deutscher Meister. Als Spieler. Und als Trainer. Der 40-Jährige wechselte in der U16 aus dem Kölner Vorort Oberaußem in den Nachwuchs des Bundesligisten. Als Spieler konnte er sich nicht durchsetzen, als Trainer-Gespann mit Markus Anfang führte er die U17 im vergangenen Sommer erstmals nach mehr als zwei Jahrzehnten mit einem 2:0-Finalsieg gegen Borussia Dortmund wieder zu einer Deutschen Meisterschaft. Tom Cichon – ein Porträt.

Tom: Mein Vater ist Studiendirektor und Englischlehrer, was auf meine Sprachkenntnisse leider nur wenig abgefärbt hat. Auf meinen Namen allerdings schon, ihm gefiel das kurze, englische Tom. Der steht auch in meinem Pass. Leider werde ich trotzdem oft mit Tomas Cichon verwechselt, der des Wettbetrugs überführt worden ist (Der Ex-Profi manipulierte Spiele des VfL Osnabrück, d. Red.). Wir haben zwar oft gegeneinander gespielt, persönlich kenne ich ihn aber gar nicht. Aber sein Name begleitet mich seit dem Wettskandal. Leider trauen sich die meisten Menschen, die mich für ihn halten, nicht, mich direkt darauf anzusprechen. Dann ließe sich das Missverständnis und ihr Gefühl des Unwohlseins schnell ausräumen.

Oma und Opa: Meine Eltern haben beide als Lehrer gearbeitet, deshalb haben sich meine Großeltern, Katharina und Heinrich Tappert, viel um mich und meine drei Jahre jüngere Schwester Catrin gekümmert. Opa hat mich auch regelmäßig zu meinen Fußballspielen begleitet. Inzwischen wohne ich mit meiner Familie in ihrem Haus in Oberaußen und meine bewundernswerten Eltern helfen uns. Nicht zu vergessen mein Schwiegervater Siggi, der ist quasi unser Hausmeister. Für uns alle ist Familie extrem wichtig, wir sind immer füreinander da, der Zusammenhalt ist groß. Das zahlt sich gerade jetzt aus, muss sich meine Frau Pia doch nun überwiegend ohne mich um unsere Töchter Mira (8) und Ina (4) kümmern. Schön, dass meine drei Frauen trotzdem so hinter meinem Wechsel nach Kiel stehen, sie sind inzwischen alle Holstein-Fans geworden.

Markus: Markus (Anfang, Cheftrainer der KSV, d. Red.) und ich kennen uns schon seit Jugendzeiten. Ich spielte damals für die B-Jugend von Bayer Leverkusen, Markus für die A-Jugend. Anschließend haben wir uns 20 Jahre lang aus den Augen verloren, bis Markus dann im Rahmen seiner Ausbildung zum Fußball-Lehrer ein Praktikum bei der Ligamannschaft von Bayer gemacht hat. Ich war damals Cheftrainer der U17, und als Markus uns einmal im Nachwuchsleistungszentrum besuchte, haben wir sofort festgestellt, dass wir auf und neben dem Platz auf der gleichen Wellenlänge senden. Wir haben eine ähnliche Idee vom Fußballspiel, deshalb traf es sich gut, dass wir dann drei Jahre lang gemeinsam bei der U17 arbeiten konnten. In dieser Zeit machte ich meine Ausbildung zum Fußball-Lehrer. Wir haben sehr viele Spieler bei Bayer weiterentwickelt und im vergangenen Sommer gemeinsam die Deutsche Meisterschaft gefeiert.

Cabrio: Diesbezüglich bin ich wahrscheinlich ein untypischer Mann. Auf ein extravagantes Auto lege ich keinen Wert, es soll mich einfach nur zuverlässig von A nach B bringen. Bevor ich mein Geld für ein teures Auto ausgebe, mache ich lieber einmal mehr Urlaub. Wenn ich mir ein Auto kaufen muss, dann fahre ich es so lange, bis es auseinanderfällt.

Italien: Bei diesem Wort erinnere ich mich an die Fußball-Weltmeisterschaft 1990 in Italien (Deutschland gewann den Titel, d. Red.). Die habe ich als 14-Jähriger verfolgt und in dieser Phase beschlossen, Profi zu werden. Zeitgleich hatte ich auch nicht gerade die glanzvollste Zeit in der Schule, das mag bei diesem Wunsch auch eine Rolle gespielt haben. Auf jeden Fall hat mein Vater, der von meiner Idee nicht viel gehalten hat, mir ein Probe-Training bei Bayer Leverkusen organisiert. Er wollte mir, der bis dahin nur bei meinem kleinen Heimatverein SpVgg Oberaußem-Fortuna gekickt hat, zeigen, dass dieser Plan total unsinnig ist. Und was passierte? Bayer nimmt mich in die U16 auf! Meine Eltern haben mich anschließend toll unterstützt und waren unheimlich stolz auf mich. Als Spieler bin ich zwar nur bis in die 4. Liga gekommen, aber als Trainer habe ich tatsächlich den Weg in den Leistungssport geschafft.

Champagner: Den trinke ich nur bei ganz besonderen Anlässen, zu Weihnachten, Silvester. Ich ziehe einem Glas Champagner immer ein Bier vor. Und nicht nur diesbezüglich bin ich eher der rustikale Typ: Ich stehe sehr gerne in meinem Garten am Grill, auch stundenlang. Dann spiele ich nebenbei mit den Kindern. Der Griller-Spruch „Alles unter vier Zentimeter ist Carpaccio“ könnte von mir sein, umso dicker das Steak ist, umso besser.

Heimat: Ich bin „en Kölsche Jung“ durch und durch. Ich bin stolz auf diese Stadt, kann aber auch, wie jeder Kölner, herzlich über sie lachen. Seit ich laufen kann, bin ich bei den Karnevalszügen dabei. Gut möglich, dass ich jetzt zum ersten Mal fehlen werde. An diesem Wochenende spielen wir in Zwickau. Uns Kölnern wird auch nachgesagt, dass wir offen sind, gerne die Welt bereisen – auf mich trifft das auf jeden Fall zu. Mich reizt das Neue. Auch deshalb freue ich mich auf die neue Aufgabe in Kiel.

Ostsee: Als Markus und ich Ende August hier angekommen sind, haben wir mit Dauerregen gerechnet. Uns wurde immer erzählt, dass es hier zumeist nass ist und die Sonnentage, die wir bei unserer Ankunft erleben durften, die absolute Ausnahme sind. Und dann hält dieses tolle Wetter fast fünf Wochen lang an! Das war eine super Erfahrung für mich – mit Blick auf die Ostsee im Restaurant sitzen, wunderbar. Inzwischen wissen wir, was unter Kieler Wetter zu verstehen ist. Ich muss mich noch daran gewöhnen, bei diesem Wind auf dem Trainingsplatz zu stehen und zu erleben, wie die Feuchtigkeit langsam in die Klamotten kriecht. Aber ich freue mich auch darauf, Kiel im Winter zu erleben. Kälte, Schiffe, diese besondere Beleuchtung am Wasser – das stelle ich mir toll vor.

Niederlage: Der Fußball fasziniert wegen seiner Unberechenbarkeit, das war ja gerade wieder gut bei unserem Spiel in Magdeburg zu sehen. Da hätten wir klar gewinnen müssen und verlieren am Ende unglücklich mit 0:1. Diesmal mussten wir darunter leiden, aber grundsätzlich gehören solche Niederlage zum Geschäft. Einfacher ist es allerdings, eine Niederlage zu verdauen, wenn der Gegner klar besser gewesen ist, und wir trotzdem alles getan haben, um die Niederlage zu verhindern, dann bin ich mit mir völlig im Reinen. An einer wie der in Magdeburg habe ich länger zu knabbern, da bleiben Fragen. Warum haben wir beispielsweise nicht wenigstens eine unserer vielen Chancen genutzt? Wichtig ist, auch in der Niederlage die positiven Dinge zu sehen, kritikfähig zu bleiben. Es ist nie alles schlecht, aus jeder Niederlage kann man Nutzen ziehen, sich verbessern.

Infos zu Tom Cichon

Stammverein: SpVgg 1919 Oberaußem-Fortuna

Als Spieler: U16 (jüngerer Jahrgang) bis U19 bei Bayer Leverkusen (Deutscher Meister mit der U17), FC Germania Teveren, TuS 08 Langerwehe (Oberliga Nordrhein), VfL Rheinbach, FC Junkersdorf (5. Liga)

Als Trainer: Seit 2003 in der Jugendabteilung von Bayer; ab 2005 Co-Trainer der U19 (Deutscher Meister und Pokalsieger); ab 2011 Hauptverantwortlicher Trainer für die U17; von 2013 bis August 2016 bildete er ein Gespann mit Markus Anfang

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