Er trifft und trifft…

Kingsley Schindler erzielte beim 2:0-Erfolg in Bremen schon seinen zweiten Doppelpack

Kingsley Schindler war am vergangenen Wochenende nicht nur der Mann des Tages in der 3. Liga, er ist auch momentan der Mann der Stunde bei der KSV Holstein. Der Rechtsaußen trifft und trifft, zuletzt beim 2:0-Erfolg gegen die U23 von Werder Bremen sogar schon wieder doppelt. So wie zuletzt beim 2:1-Heimsieg gegen den SC Paderborn. Mit neun Toren ist „King“ derzeit hinter Steven Lewerenz (10) der zweiterfolgreichste Torschütze der Störche – und das in seinem ersten Jahr in der 3. Liga.

„Es hat schon eine Weile gedauert, um mich an den Männer-Fußball zu gewöhnen“, sagte Kingsley Schindler, nach dem 1:1 im Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg zu Gast in der „Nachspielzeit“ im mobilen TV-Studio der KSV, einem Bauwagen, der im Block O des Holstein-Stadions steht. „Es geht in dieser Liga schon robuster zur Sache, einfach männlicher.“ Zuletzt hatte der Hamburger in der 2. Mannschaften des Bundesligisten TSG Hoffenheim gespielt, ein Ausbildungsteam, in dem sich eher die jüngere Generation tummelt. Bis zur Entlassung von Markus Gisdol, heute Cheftrainer beim Hamburger SV, trainierte Schindler noch regelmäßig im Ligakader der Hoffenheimer mit und führte als Kopf die in der Regionalliga beheimatete „Zweite“. Doch irgendwann, so sein Eindruck, habe sein zügiger Aufstieg bei den Baden-Württembergern an Schwung verloren. „Es haben mich zwar alle geschätzt, aber es ging für mich einfach nicht mehr weiter.“ Er, der als 19-Jähriger von der TSG Neustrelitz nach Hoffenheim gewechselt war, wurde nur noch als „der nette Junge von nebenan“ wahrgenommen. „Für mich wurde es Zeit für einen Neuanfang.“ Zumal in der Liga nach dem Gisdol-Aus nun Huub Stevens das Zepter schwang, die TSG steckte im Abstiegskampf, und der Holländer setzte deshalb auf die gestandenen Profis.

Die KSV hatte ihn im Sommer 2016 als Backup für Rechtsverteidiger Patrick Herrmann verpflichtet, doch an „Herrmi“, der einmal mehr eine bärenstarke Saison spielt, kam Schindler nicht vorbei. Musste er auch nicht, fand er doch vor Patrick Herrmann seine Position. Und in dem neuen Trainer Markus Anfang einen Förderer. Mehr und mehr spielte sich der 23-Jährige, der seine Karriere als Stürmer begonnen hat, auf dem rechten Flügel fest, um dort zum Alptraum seiner Gegner zu werden. „Es ist gut zu wissen, dass Herrmi hinter mir immer alles abräumt“, sagt er, der gerne am eigenen Herd entspannt. Für die ersten 30 Meter benötigt Schindler lediglich 3,85 Sekunden, Pierre-Emerick Aubameyang, der ICE-Stürmer der Dortmunder Borussia, ist stolz darauf, diese Strecke einmal in der Jugend des AC Mailand in 3,9 Sekunden gelaufen zu sein. „Entscheidend für mein Spiel sind die ersten fünf, sechs Meter“, sagt Schindler. „Da setze ich mich von meinen Gegenspielern ab.“ Oftmals ist er so schnell an ihnen vorbei, dass sie ihn auch mit einem Foul nicht mehr stoppen können. Innerhalb weniger Monate avancierte Schindler zu einem der Publikumslieblinge in Kiel, geduldig kommt er jedem Autogrammwunsch nach. „Es freut mich, dass die Menschen mich hier mögen“, sagt Schindler, der vor der Saison auch Gespräche mit den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern und SV Sandhausen geführt hatte. In einem Interview mit „liga-drei.de“ nannte Schindler erst vor wenigen Tagen die Trainersituation bei den Pfälzern als ein ausschlaggebendes Argument, um schließlich einen Drei-Jahres-Vertrag bei den Störchen zu unterschreiben. „Als die Gespräche liefen, war Konrad Fünfstück noch Trainer in Kaiserslautern, dann wurde er entlassen.“ Für Kiel habe aber auch das zweitligareife Potential der KSV Holstein gesprochen und die Nähe zu seiner Familie, die in Hamburg lebt.

Seine ghanaischen Eltern siedelten vor 25 Jahren in die Elbmetropole um und sorgten dafür, dass der Sohn seine Wurzeln nicht vergessen hat. Seine großen Idole sind deshalb auch nicht Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi, „King“ schwärmt für Abédi Pelé, den Nationalheld Ghanas. In der U-Mannschaft seiner Heimat hätte Schindler vor zwei Jahren fast sein Debüt gegeben, doch für ihn, im rauen norddeutschen Klima aufgewachsen, waren 38 Grad im Schatten schlicht zu viel. „Ich bin vorher zehn Jahre lang nicht mehr in Ghana gewesen, das Wetter hat mich einfach umgehauen.“ Doch so wie sich Schindler derzeit präsentiert, scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, wann er eine weitere Einladung bekommen wird.

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