Fussballrausch im Holstein-Stadion

Holstein Kiel – VfL Bochum 3:0 (2:0)

Holstein Kiel verzaubert weiter die 2. Bundesliga. In einem wahren Fußballrausch besiegten die Kieler einen zeitweise orientierungslosen VfL Bochum mit 3:0 (2:0). Die Gäste aus dem Ruhrpott waren mit drei Gegentoren noch gut bedient und konnten sich bei ihrem Keeper Manuel Riemann bedanken, der Schlimmeres verhinderte. Allerdings hatte die Nummer eins mit einem kapitalen Eigentor (23.) die Störche auf die Siegerstraße gebracht. Rafael Czichos (42.) vor und Dominick Drexler nach dem Seitenwechsel sorgten für den verdienten Endstand gegen dezimierte Gäste. Johannes Wurtz hatte mit Gelb-Rotevorzeitig Feierabend machen müssen.

Der „Fußballgott“ war zurück. Nach abgebrummter Gelb-Rot-Sperre kehrte Patrick Herrmann zurück in die Startelf. Dafür musste Sebastian Heidinger auf die Bank. Ansonsten vertraute KSV-Chefcoach Markus Anfang den Profis, die den MSV Duisburg eine Woche zuvor mit 3:1 aus dem eigenen Stadion geschossen hatte.

Die wichtigste Botschaft mit dem Anpfiff war, dass die Kieler Kulisse wieder da war. Angetrieben von der lautstarken Westtribüne feuerten 10.000 Holstein-Fans ihre Farben nach vorne. Und die Störche versuchten ihren Teil für die gute Stimmung beizutragen: Steven Lewerenz’ Dreher von der Strafraumkante verfehlte das Ziel knapp um einen Meter (9.). Aber auch die Gäste waren sehr präsent und probierten es ebenfalls aus der Distanz: Thomas Eisfeld schoss aus 16 Metern drüber. Der VfL kam besser ins Spiel und überzeugte mit großer Ballsicherheit, allerdings nicht auf allen Positionen: Ausgerechnet Torhüter Manuel Riemann ließ einen Rückpass von Danilo Soares am Schuh vorbei ins Tor rutschen. Holstein lag ohne eigenes Zutun plötzlich vorne (23.). Von diesem Geschenk mussten sich die bis dahin aktiveren Bochumer gegen jetzt selbstsichere Störche erst einmal erholen. Marvin Ducksch zirkelte einen Freistoß aus 23 Metern einen Meter neben den Pfosten (35.), Alexander Mühling zielte nach einem blitzsauberen Konter nicht genau genug (37.). Riemann musste sich bei einem Flachkracher von Kingsley Schindler mächtig strecken (40.). Bei diesem Chancenfeuerwerk durfte sich die Elf von Ismail Atalan über den zweiten Gegentreffer nicht beschweren: Eine schöne Eckenvariante vollstreckte Rafael Czichos zum 2:0-Pausenstand (42.).

Die zweite Hälfte eröffnete Mühling, der nach einer weiteren einstudierten Kieler Ecke von der Sechzehnerlinie volley am rechten Winkel vorbeischoss (47.). Es folgten denkwürdige 30 Minuten. Übermächtige Störche drückten den VfL mit einem Ballbesitz von 75 Prozent in den eigenen Strafraum. Riemann parierte Versuche von Dominick Drexler ins lange (51.) und Lewerenz ins kurze Eck (54.), Mühling feuerte aus 20 Metern direkt auf den Gästeschlussmann (55.). Die Orange-Blauen aus dem Ruhrpott schauten hinterher, wie Drexler, Schindler, Lewerenz und Ducksch sie mit einem Tänzchen nach dem nächsten alt aussehen ließen. Aber es fehlte das dritte Tor. Auch Ducksch traf im Eins-gegen-Eins mit Riemann nicht in, sondern neben das Gehäuse (62.). Bochums Geschenkelieferant der ersten Hälfte wurde jetzt zum Retter in höchster Not, kratzte einen Lewerenz-Kracher aus dem Winkel (63.). Endlich – dachten wohl alle, als Dominick Drexler bei der Kieler Fußballparty mit dem 3:0 endgültig einen nicht mehr enden wollenden Jubelrausch entfachte (68.). Als dann auch noch Johannes Wurtz mit Gelb-Rot vorzeitig zum Duschen musste, war der weiterhin geschockte VfL nur noch auf Ergebniskosmetik aus (71.). Die Störche schonten die Gäste allerdings nicht und wollten auch noch den vierten Streich, der aber nicht mehr fiel. Den ekstatischen Holstein-Fans war es egal. Sie tanzten mit der Mannschaft nach Abpfiff um die Wette.

Stimmen nach dem Spiel

Kenneth Kronholm: „Wer das Spiel heute gesehen hat, der hat gesehen, dass wir Bochum heute speziell in der zweiten Halbzeit den Schneid abgekauft haben. Das war richtig stark und genau so müssen wir arbeiten.“

KSV-Präsident Steffen Schneekloth: „Mich fasziniert es, wie unsere Mannschaft 40 bis 50 Minuten einen gestandenen Zweitligisten dominiert. Der Sieg war hochverdient. Ich möchte mich aber ganz besonders bei unserer Fangemeinde für die Unterstützung bedanken. Nach den Vorfällen der letzten zwei Wochen war diese Rückkehr heute aller Ehren wert!“

VfL-Trainer Ismail Atalan: „Es war ein absolut verdienter Sieg der Kieler. Bis zur 20. Minute war es noch ausgeglichen, aber nach dem Gegentor war es kein gutes Spiel von uns. Ich muss die Verantwortung für die Niederlage übernehmen. Ich habe die Jungs da reingeschickt und nehme das auf meine Kappe. Der Trainer macht die Aufstellung. Im Endeffekt haben wir heute keine gute Basis gefunden, mit dieser Aufstellung das Spiel zu gewinnen.“

KSV-Chefcoach Markus Anfang: „Die ersten 20 Minuten war es ein Spiel ohne große Torchancen. Bochum hat es uns schwergemacht. Wir haben dann das 1:0 bekommen. Ab dem Zeitpunkt haben die Jungs richtig guten Fußball gespielt. Wir haben das zweite Tor nachgelegt und hätten auch noch vor der Pause das dritte machen können. Für die Leistung nach der Halbzeit muss ich den Jungs ein großes Kompliment machen. Für viele ist das eine Selbstverständlichkeit, aber das ist es nicht. Wir haben letztes Jahr noch in der dritten Liga gespielt und müssen uns auch weiterhin alles hart erarbeiten. Es gibt keine Selbstläufer.“

Spielinfo

Holstein Kiel: Kronholm – Herrmann, Schmidt (79. Kinsombi), Czichos, van den Bergh – Peitz – Schindler (82. Seydel), Drexler, Mühling, Lewerenz (74. Weilandt) – Ducksch. Trainer: Anfang
VfL Bochum: Riemann – Celozzi, Fabian, Bastians, Danilo – Tesche (46. Janelt), Losilla – Hinterseer (79. Hemmerich), Eisfeld (62. Sam), Kruse – Wurtz. Trainer: Atalan
Schiedsrichter: Alt (Heusweiler)
Tore: 1:0 Riemann (23., Eigentor). 2:0 Czichos (42.), 3:0 Drexler (63.)
Zuschauer: 10.201
Gelb-Rote Karte: Wurtz (71.)

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