„King“ mit Format

Kingsley Schindler im Porträt

Mit seinem Wechsel von der TSG Hoffenheim II zur KSV Holstein erfüllten sich für Kingsley Schindler gleich zwei Wünsche: Der gebürtige Hamburger kehrt zu seiner Familie zurück. Und über Kiel, so sein Plan, werde er „kurzfristig in die 2. Liga aufsteigen“.

Sein Plan, über die TSG in die 1. Liga aufzusteigen, erfüllte sich nicht. Deshalb nimmt der 22-Jährige nun als Storch einen neuen Anlauf. In Hoffenheim trainierte er bis zu dessen Entlassung im Oktober 2015 regelmäßig im Ligakader von Markus Gisdol mit, führte als Kopf die in der Regionalliga beheimatete Reserve des Bundesligisten. Doch irgendwann, so sein Eindruck, habe sein zügiger Aufstieg bei den Baden-Württembergern deutlich an Schwung verloren. „Es haben mich zwar alle sehr geschätzt“, sagt Schindler. „Aber es ging für mich einfach nicht mehr weiter.“ Was daran gelegen haben könne, dass er, der als 19-Jähriger von Neustrelitz nach Hoffenheim gewechselt war, nur noch als der „nette Junge von nebenan“ wahrgenommen wurde. „Für mich wurde es Zeit für einen Neuanfang.“

Zurück im Norden

Die Anfrage der Kieler sei da genau zum rechten Zeitpunkt gekommen. Auch weil er, der als Jugendlicher bei Concordia Hamburg erstmals auf sich aufmerksam machte, nun wieder in der Nähe seiner in Hamburg wohnenden Familie und Freunde sein kann. Es schreckt ihn nicht, sich bei der KSV ausgerechnet mit einem Spieler eine Position zu teilen, der in Kiel mittlerweile Kultstatus genießt – Patrick „Herrmi“ Herrmann. Der Rechtsverteidiger stand in der abgelaufenen Saison bei 37 der 38 Punktspiele vom Anstoß bis zum Abpfiff auf dem Platz. Der kompromisslose Kämpfer ist seit Jahren die personifizierte Zuverlässigkeit im blau-weiß-roten Dress.

Ungewollter „King“

Schindler, dessen Eltern beide aus Ghana stammen und vor 25 Jahren nach Hamburg übersiedelten, ist ein selbstbewusster, optimistischer Typ. Er weiß, dass er sich auf seine Stärken verlassen kann. „Kingsley kann auf der rechten Außenbahn alle Positionen bekleiden“, sagt Cheftrainer Karsten Neitzel über die Stärken seines Neuzugangs, den alle „King“ rufen. Ein Spitzname, den der bescheidene Schindler sich nicht ausgesucht hat. Aber mittlerweile hat er es aufgegeben, sich dagegen zu wehren.

Am liebsten rechts hinten

Schindler begann seine Karriere als Stürmer, wanderte dann ins Mittelfeld und landete schließlich in der Abwehr. Könne er selbst entscheiden, sagt Schindler, würde er sich als Rechtsverteidiger aufstellen. Von dieser Position aus käme seine Geschwindigkeit besser zu Geltung. „Als Verteidiger kann ich unser Spiel gut anschieben.“ In der eigenen Hälfte Tempo aufnehmen, an der Außenbahn Richtung Tor rasen und dann den Ball in den Strafraum flanken – wer als Gegenspieler von „King“ nicht aufpasst, sieht schnell nur noch den breiten Rücken mit der Nummer „27“.

Pfeilschnell

Wie schnell er die 100-Meter-Strecke absolvieren könnte, weiß Schindler nicht. „Aber 30 Meter schaffe ich in 3,85 Sekunden.“ Zum Vergleich: Pierre-Emerick Aubameyang (Borussia Dortmund), der vermeintlich schnellste Bundesliga-Profi, ist stolz darauf, die 30 Meter nachweislich in 3,9 Sekunden gelaufen zu sein, als er in der Jugend des AC Mailand spielte. Das, so sagte der Gabuner der „Sportbild“, sei ein protokollierter Wert: „Ich bin diese Strecke aber auch schon einmal in 3,7 Sekunden gelaufen.“ Womit Aubameyang nach eigener Aussage einen Tick schneller wäre als 100-Meter-Weltrekordler Usain Bolt, dessen 30-Meter-Bestzeit, aufgestellt beim 100-Meter-Weltrekord vor sieben Jahren in Berlin (9,58), bei 3,78 Sekunden liegen soll.Die enorme Dynamik, der kurze, schnelle Antritt, überzeugten auch die Verantwortlichen der KSV Holstein davon, Schindler einen Drei-Jahres-Vertrag anzubieten.

Profi mit Format

Klein und flink sei er schon immer gewesen, aber auch eher ein schmächtiger Typ, sagt Schindler. Wahrscheinlich wurden auch deshalb die Nachwuchsabteilungen der beiden großen Hamburger Vereine St. Pauli und HSV nicht auf ihn aufmerksam. In den vergangenen Jahren legte er aber auch körperlich so zu, dass er nun das Format hat, tatsächlich den Durchbruch als Profi zu schaffen. „Mein Traum ist, eines Tages Bundesliga zu spielen“, sagt Schindler, der als Hobby-Koch am Herd entspannt, gerne Musik (Black Music, Hip Hop) hört, an der Playstation zockt und die Freizeit mit Freunden/Familie verbringt.

Lieber nordischesWetter als ghanaische Hitze

Für das Land seiner Eltern, dem auch er sich sehr verbunden fühlt, spielte „King“ nie, obwohl der U23-Nationaltrainer ihn im vergangenen Jahr zu einem Lehrgang nach Accra einlud. Warum nicht? „Ich kam mit diesen krassen Temperaturen überhaupt nicht klar, deshalb haben mir die Ärzte von einem Einsatz abgeraten.“ Der Körper des Deutschen mit ghanaischen Wurzeln hatte sich offenbar längst an das Hamburger Wetter gewöhnt. Und an der Elbe sind Temperaturen um die 40 Grad gänzlich unbekannt.

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