„Traue der Mannschaft alles zu!“

Interview mit Holstein-Cheftrainer Markus Anfang

Seit Ende August trainiert Markus Anfang die Ligamannschaft der KSV Holstein. Der 42-jährige Ex-Profi führte mit Tom Cichon, der ihn als Co-Trainer nach Kiel begleitete, zuletzt die U17 von Bayer Leverkusen zur deutschen Meisterschaft. Mit den Störchen beendete er das Jahr 2016 mit 28 Punkten auf einem guten sechsten Platz.

Markus, wie zufrieden bist Du mit Deiner bisherigen Arbeit in Kiel?

Mit der Art und Weise, wie wir Fußball spielen, bin ich sehr zufrieden. Wir wollen die Spiele dominieren, das ist – uns mit der einen oder anderen Ausnahme -, bislang immer sehr gut gelungen. Wir rechnen auch nicht, wie viele Punkte wir bis zu einem Tag X gewinnen möchten. Wir wollen einfach jedes Spiel gewinnen, egal ob wir zu Hause antreten oder auswärts.

Was könnte noch besser laufen?

Der Mannschaft gelingt es noch zu selten, sich für ihre Leistungen zu belohnen. Leider fehlte uns in einigen Spielen die Effizienz vor dem Tor. Wenn ich beispielsweise an die Partien in Magdeburg (0:1), Münster (1:1) oder das letzte Heimspiel gegen Großaspach (1:2) denke, frage ich mich auch heute noch, wie wir diese Spiele nicht gewinnen konnten. Da passt unser letztes Spiel, das 0:0 in Halle, gut ins Bild – auch hier hätte meine Mannschaft drei Punkte verdient gehabt.

Die gängige Meinung ist, dass der KSV ein Knipser fehlt…

…das ist mir als Lösungsvorschlag zu einfach. Welche Mannschaft hat einen Stürmer, der verlässlich Woche für Woche trifft? Da reden wir über Namen wie Robert Lewandowski, Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi. Wenn ich uns mit den anderen Mannschaften in dieser Liga vergleiche, kann ich nicht entdecken, dass wir auf dieser Position ein Problem haben. Wir haben die beste Tordifferenz der Liga (plus 11), das ist eine Zahl, die bei dieser Diskussion nicht vergessen werden darf. Fußball besteht nicht nur darin, am Ende die meisten Saisontore geschossen zu haben, die Balance muss stimmen.

Lässt sich Effektivität üben?

Bedingt. Um die richtige Entscheidung vor dem Tor zu treffen, muss auch die Selbstverständlichkeit da sein. Wer oft trifft, der trifft auch öfter. Manchmal muss einfach nur der Knoten platzen. Im Training arbeiten wir trotzdem viel an diesem Thema, üben Abschlüsse, sorgen beispielsweise in kleinen Turnieren dafür, dass Sieger belohnt werden.

Wie?

Wir lassen drei Teams gegeneinander spielen. Wer verliert, muss für ein Frühstück einkaufen, die Spieler, die Platz zwei belegt haben, decken den Tisch – nur die Sieger dürfen sich bedienen lassen. Uns ist auch klar, dass wir mit solchen Dingen nicht die Weichen für Kantersiege in Serie stellen. Aber wir alle machen uns viele Gedanken darüber, wie wir effektiver werden können. Auch die Spieler. Und ein Frühstück im Nachwuchsleistungszentrum fördert auf jeden Fall die Gemeinschaft.

Was traust Du Deiner Mannschaft noch zu?

Alles. Sie nimmt die Inhalte, die wir transportieren, gut an, verbessert sich von Woche zu Woche. Zudem habe ich das Gefühl, dass der Wille, Spiele unbedingt gewinnen zu wollen, immer größer wird. Da erinnere ich mich an das Spiel in Chemnitz (2:2), als wir zweimal einen Rückstand ausgeglichen haben und unbedingt das dritte Tor machen wollten. Wir wollen jedes Spiel gewinnen, gelingt uns das regelmäßig, stehen wir am Ende oben. Entscheidend ist aber nicht, was ich will. Die Frage ist, was die Mannschaft in dieser Saison erreichen will. Und da hat sie gerade in Halle die richtige Antwort gegeben!

Deine Familie ist in Köln geblieben, wie gestaltet sich die Fernbeziehung?

Gut. Meine Frau und unsere beiden Töchter kennen es nicht anders, schließlich bin ich als Fußball-Profi auch oft umgezogen. Sie tragen die Entscheidung voll mit. Für Tom und mich geht es darum, hier erfolgreich zu arbeiten. Gelingt uns das, ist alles möglich. Wir sind inzwischen aus dem Hotel ausgezogen und bilden eine Wohngemeinschaft, was extrem praktisch ist. Inzwischen haben wir sogar WLAN! Ich kann sagen, dass ich in Kiel angekommen bin und mich hier extrem wohlfühle. In jeder Hinsicht.

Ihr seht Euch jeden Tag bei der Arbeit, ist Euch das nicht zu viel, wenn Ihr Euch auch noch jeden Abend in der Küche trefft?

Nein. Wir haben ein Wohnzimmer und jeder sein Zimmer. Wenn ich meine Ruhe haben will, mache ich einfach die Tür zu. Was wäre die Alternative? Dass wir beide allein in einer Wohnung leben? Das reizt mich nicht. Wir kennen uns gut genug, um uns Freiräume zu lassen, das passt.

Du hast einen Vertrag bis Juni 2018. Vorstellbar, dass Du länger bleibst und hier sesshaft wirst?

Darüber mache ich mir jetzt noch keine Gedanken, ich denke nur von Tag zu Tag. Daran, wie ich meiner Mannschaft helfen kann, wie wir alle immer besser werden können. Wenn wir dabei erfolgreich sind, werden wir uns dem nicht verwehren.

Vielen Dank für das Gespräch, Markus!

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