Am Sonnabend um 17.27 Uhr sanken unsere Störche unter ohrenbetäubendem Jubel erschöpft und überglücklich zu Boden. Nach einem denkwürdigen Spiel hatte die Mannschaft von Trainer Marcel Rapp die berühmten Gladbacher Fohlen niedergerungen. Die Partie der beiden Traditionsvereine war sicher eine der packendsten Begegnungen der bisherigen Bundesliga-Saison. Für unsere KSV war es im Jahr ihres 125. Geburtstages eines der Spiele, dass als eine der großen „Schlachten“ in die schillernde Vereinsgeschichte eingehen wird. Und das Mut macht für den Saison-Endspurt!
60 Jahre nach dem Aufeinandertreffen beider Clubs in der Bundesliga-Aufstiegsrunde, lieferten Störche und Fohlen den Zuschauern im restlos ausverkauften Hexenkessel Holstein-Stadion eine wahres Fußball-Feuerwerk. Nicht erst der Siegtreffer von Shuto Machino in der ersten Minute der Nachspielzeit sorgte für unglaubliche Begeisterungsstürme auf den Rängen. Unsere Störche setzten ein unheimlich starkes Statement im Kampf um den Klassenerhalt. „Es war ein sehr gutes Spiel von uns. Man hat letzte Woche in Leipzig und auch heute gesehen, was wir können. Und das müssen wir jetzt die nächsten weiter Wochen beweisen“, lobte Trainer Marcel Rapp sein Team.

Selbst der mit allen Wassern gewaschene Holstein-Haudegen Immo Stelzer war sichtlich angefasst: „Das war mit das Beste, was ich hier bislang gesehen habe, unglaublich packend!“ Auch der damalige Spielmacher „Bubi“ Hönig, der 1965 im Rückspiel der Aufstiegsrunde beim 4:2-Erfolg gegen Gladbach auf dem Rasen des Holstein-Stadions stand und die Spiele „seiner“ Störche noch heute vor dem Fernseher verfolgt, freute sich im heimischen Rheingau: „Mein Herz hat in der Schlussphase mächtig gepumpt. Ich war voll dabei. Wenn Holstein die nächsten Spiele mit diesem Dynamit und dieser Entschlossenheit angeht, dann ist noch viel möglich.“
Berge versetzen
Der 4:3-Erfolg unserer Mannschaft untermauerte die These, dass Geschichte nicht die Glorifizierung der Vergangenheit ist, sondern das Feuer sein kann, das im Hier und Jetzt Berge versetzen kann. Das legendäre weiße Trikot, in dem die Störche in ihrer schillernden Vergangenheit einige der größten Erfolge der Vereinsgeschichte zelebrieren durften und das pünktlich zum Duell mit Borussia Mönchengladbach neu aufgelegt worden war, ist eben vielleicht doch mehr als die pure Liebhaberei von Fußball-Nostalgikern. Und dass der zuletzt von Trainer Rapp schon häufiger beschworene Holsteingeist spätestens jetzt im Endspurt der Bundesliga-Saison 2024/25 wieder aus den Katakomben tief unter der Haupttribüne herausgeklettert ist, um munter mitzumischen, untermauert die 100 Jahre alte Vereinslegende. Mehr zum Holsteingeist gibt es hier.
Ein Ausrufezeichen
Unabhängig vom Ausgang der Saison haben unsere Störche schon jetzt Denkwürdiges geschafft. Und ganz nebenbei mit dem Sieg gegen Gladbach in der Ewigen Tabelle der Bundesliga nicht nur Blau Weiß 90 Berlin hinter sich gelassen, sondern auch den ersten und dreimaligen Deutschen Meister VfB Leipzig. Eben jene Leipziger, gegen den der FV Holstein beim sensationellen 2:1-Sieg im September 1907 bei der Eröffnung des Kieler Nordmarksportfeldes das erste große Ausrufezeichen seiner Vereinsgeschichte setzen konnte.
Nerven wie Drahtseile
Unsere KSV Holstein scheint also bestens gerüstet zu sein für den Endspurt ihrer ersten Bundesliga-Saison. „Vielleicht reicht es ja am Ende doch noch“, orakelte Holstein-Legende Andreas Köpke bereits in der vergangenen Woche.
Nerven wie Drahtseile, Kampfgeist, Teamgeist und Holsteingeist dürften gerade jetzt die Tugenden sein, die über Wohl und Wehe entscheiden werden. Unsere Störche haben endgültig den Endspurt eingeläutet. Die Mannschaft und die abermals stimmgewaltigen Anhänger werden auch gegen Augsburg, Freiburg und Dortmund alles in die Waagschale werfen, um das Unmögliche möglich zu machen. Und in der Landeshauptstadt, dem Umland und der ganzen Region gibt es fast niemanden mehr, der unserer Mannschaft nicht die Daumen drückt. Holstein Kiel hat sich schon jetzt – egal wie es am Ende ausgehen wird – als würdiger Bundesligist erwiesen.
