„Ich freue mich auf das Holstein-Stadion“ – Interview mit Hertha-Historiker Frank Schurmann

Frank Schurmann leitet seit 2019 das Vereinsarchiv von Hertha BSC. Dem Hauptstadtclub verbunden ist der 61-Jährige jedoch bereits seit über fünf Jahrzehnten. Seit 1970 begleitet der gebürtige Berliner die alte Dame durch alle Höhen und Tiefen. Wir sprachen mit ihm über seine persönliche Beziehung zur Hertha.

Viele Geschichten und Legenden ranken sich um die altehrwürdige Dame Hertha, welche ist die schönste davon für den Vereinshistoriker des Hauptstadt-Clubs?

Im Kontext des Spieles gegen Holstein war das sicherlich unser erster Meistertitel 1930, nachdem wir zuvor vier Endspiele in Folge unterlegen waren, das wichtigste Ereignis. Faszinierend fand ich immer die Tatsache, dass der Ausgang der Partie maßgeblich durch eine umstrittene Schiedsrichterentscheidung zugunsten von Hertha beeinflusst wurde. Trotzdem posierten die beiden Mannschaften nach dem Spiel aber zusammen mit Siegerkranz für ein gemeinsames Foto. Unsere Vereinsikone Hanne Sobek war übrigens bei allen Spielen dabei und holte ein Jahr später in Köln gegen 1860 München erneut den Titel mit Hertha.

Die wichtigsten Reliquien aus der turbulenten Vereinsgeschichte der Hertha sind in zwei Räumen auf dem Olympiagelände verwahrt…

Und beide Räume sind vollgepackt mit Erinnerungen. Wir haben dort die Gründungsstatuten aus dem Jahr 1892 sowie die beiden Original-Meisterwimpel von 1930 und 1931. Für mich von besonderem Wert sind die historischen Vereinsnachrichten aus der Pionierzeit des deutschen Fußballs. Als Gründungsmitglied des DFB im Februar 1900 und der Bundesliga 1963 haben wir natürlich eine wechselvolle Geschichte, die jahrzehntelang natürlich auch durch die Trennung durch die Berliner Mauer beeinflusst war.

Herthas Vereinshistoriker Frank Schurmann in der DFB-Schatzkammer mit dem WM-Pokal von 1974…
… und Hertha-Legende Erich Beer. (Fotos: privat/Hertha BSC).

Der 9. November 1989 veränderte vor allem Berlin als Stadt. Welche Veränderungen durch die Wende und Wiedervereinigung wirkten am intensivsten auf Hertha BSC und die Fans?

Endlich konnte die Fans aus dem Ostteil der Stadt und aus Brandenburg wieder zu den Spielen ins Olympiastadionstadion. Mehr als 28 Jahre ging ein Schnitt durch die Fangemeinde. Die Erleichterung nach dem Mauerfall war dementsprechend auch im Berliner Fußball riesengroß. Da gab es sehr emotionale Szenen.

Viele Duelle zwischen Holstein und Hertha gab es in der Vergangenheit nicht. Wenn aber, dann waren sie allesamt höchst brisant. Was bedeutet Ihnen die Partie an diesem Wochenende in Kiel?

Für mich wird die Begegnung immer verbunden sein mit unserem ersten Meistertitel, deswegen verfolge ich als Vereinshistoriker das auch aus einer anderen Sicht. Die Duelle Holstein gegen Hertha hatten rückblickend eigentlich immer einen besonderen Charakter – und sicherlich nicht immer mit dem besseren Ausgang für uns. Spiele zweier Traditionsvereine haben für mich immer einen hohen Stellenwert. Ich freue mich natürlich sehr auf meinen ersten Besuch im Holstein-Stadion, der alten Heimat von Fabian Reese und Andi Köpke.

Vielen Dank für das Interview!

Frank Schurmann (li.) mit dem verstorbenen Hertha-Präsidenten Kay Bernstein (Foto: privat/Hertha BSC).

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