Nachruf auf Lothar Kanieß: Der Pokalheld klopfte ans Tor zur Bundesliga

Am 6. Februar verstarb mit Lothar Kanieß (84) ein herausragender Holsteiner und toller Mensch.

Sieben Minuten waren noch zu spielen im Holstein-Stadion. 16.000 Zuschauer feuerten den Kieler Regionalligisten im DFB-Pokal-Achtelfinalspiel gegen den Bundesligisten Rot Weiß Oberhausen frenetisch an. Der Favorit um Torjäger Lothar Kobluhm und Franz Krauthausen führte trotz des aufopferungsvollen Kampfes der KSV mit 2:1. Der Bundesligist spielte rassigen Tempofußball und setzte den Störchen von Trainer Peter Ehlers massiv zu. In der Schlussviertelstunde hatte RWO die Chance zur Vorentscheidung, doch Holstein sollte noch einmal zurückschlagen. An jenem 20. Februar 1971 ging der Stern des Kielers Lothar Kanieß auf. Der damals bereits 31-Jährige lieferte sein vielleicht bestes Spiel im Trikot der Kieler ab und seine Leistung nötigte Gegenspieler Krauthausen damals allerhöchsten Respekt ab. Wenige Minuten vor dem Schlusspfiff wurde sein unermüdlicher Einsatz mit dem Ausgleichstor belohnt. Kanieß spielte gleich drei Oberhausener Gegenspieler aus und bei seinem Schuss aus spitzem Winkel war RWO-Keeper Klaus Witt machtlos. Fast wäre den Störchen sogar noch der Siegtreffer gelungen, doch ein Kopfball von Rudi Christiansen verfehlte knapp das Ziel. So musste die Verlängerung herhalten, um eine Entscheidung im spannenden Pokalfight herbeizuführen. Doch Holsteins Kräfteverschleiß war einfach zu groß. Der Widerstand der KSV brach in der Verlängerung und letztlich setzte sich die Mannschaft von Alfred „Adi“ Preißler mit 5:2 durch. Die Störche konnten dennoch erhobenen Hauptes vom Platz gehen, sie hatten alles gegeben, was sie hatten und ernteten in der Niederlage viel Lob. Das Publikum verabschiedete die Mannschaft mit viel Beifall.

In der Runde zuvor hatte Holstein sensationell den Bundesligisten VfB Stuttgart in die Knie gezwungen. Lothar Kanieß, der zwischen 1967 und 1974 insgesamt 137 Punktspiele (4 Tore) für Holstein Kiel absolvierte, erinnerte sich stets überaus gern an die großen Pokalschlachten gegen die Schwaben und RWO sowie seine schöne Zeit im Storchennest. Nur knapp verpasste Kanieß mit der KSV 1970 und 1971 die Bundesliga-Aufstiegsrunde, meinte aber rückblickend oft: „Wer weiß, ob ich mit über 30 Jahren überhaupt noch erstklassig hätte spielen können. Ich hatte ja immerhin schon meinen festen Job und eine Familie. Ähnlich ging es damals auch zahlreichen Mitspielern.“ Stets lobte Lothar Kanieß das „besondere soziale Umfeld“ bei seinen Störchen, für die er seit seiner Jugend die Fußballstiefel schnürte. Den am 4. Oktober 1940 in Pommern geborenen Lothar hatte es mit seiner Familie am Ende des Krieges in Richtung Ostsee verschlagen. Der Fußball eröffnete ihm eine spannende Welt. Doch verlor er nie seine berufliche Ausbildung aus dem Blick. Bis weit in seine 70er hinein zeichnete ihn seine herausragende Arbeitsmoral aus. Beim TuS Felde lebte er lange Zeit als sportlicher Verantwortlicher zusammen mit Gerd Lütje und Zehnkampf-Olympiasieger Willi Holdorf sein großes Hobby  weiter. Doch auch seine Urlaube in Andalusien, das Skifahren und natürlich auch das Tennis- und Golfspielen waren sein Ansporn.

Dass er den Sprung seiner Störche in das Fußball-Oberhaus mit über 80 Jahren noch erleben durfte, erfüllte Lothar Kanieß mit Stolz und Freude. Am 30. März 2024 besuchte er mit seiner Tochter Alexandra zum letzten Mal sein Holstein-Stadion, die KSV siegte damals mit 2:0 gegen Hansa Rostock. Bis zuletzt verfolgte Lothar Kanieß live vor dem Fernseher das Geschehen rund um seine Störche.

Am 6. Februar verabschiedete sich ein großer Sportsmann für immer von der Bühne des Lebens. Die KSV Holstein verliert einen tadellosen Sportsmann und tollen Menschen. Durch seine Familie und vor allem seine Enkel werden die Erinnerungen an Lothar Kanieß weitergetragen. Wir werden Dich nie vergessen, Lothar! Deine Störche

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