Der größte erfolg

Deutscher Amateurmeister 1961

Holsteins Amateure, II. Mannschaft oder U23 – ein Sammelbecken für Talente. So war es früher, so ist es heute. Viele Größen der Holstein-Historie sammelten ihre ersten Erfahrungen im Herrenbereich im Unterbau. Rekordtorjäger Gerd Koll, Zweitliga-Führungsfigur Harry Witt, der spätere Bundesliga-Spieler Torben Hoffmann oder Holsteins Aufstiegskapitän von 2024, Philipp Sander – sie alle haben auch Spuren hinterlassen in der Mannschaft, deren Hauptziel nur selten ein Tabellenplatz war, sondern vielmehr die Ausbildung von Eigengewächsen für die Liga-Mannschaft.

In vielen Jahren – vor 1945 wie auch danach – mischte der Holstein-Unterbau im Großraum Kiel auf Augenhöhe mit den ersten Mannschaften der namhaften Stadtvereine wie Kilia, VfB oder Friedrichsort mit. In jüngerer Vergangenheit stellt Holstein sogar seit einiger Zeit die Nummer eins und zwei im Großraum Kiel. Die große Stunde der Holstein-Amateure schlug in der Saison 1960/61. Völlig überraschend war das Team von Trainer Erich „Ede“ Wolf Meister der Amateurliga Schleswig-Holstein geworden – damals die zweithöchste Spielklasse Deutschlands – und das überlegen mit vier Punkten Vorsprung vor Phönix Lübeck. An den Aufstiegsspielen zur erstklassigen Oberliga durfte die Mannschaft natürlich nicht teilnehmen, wohl aber an den Spielen um die Amateurmeisterschaft.

Die Mannschaft zu Beginn der Deutschen Amateurmeisterschaft im Holsteinstadion.

Storchenflug am Gesundbrunnen

In der Endrunde der fünf Regionalmeister hatte Nord-Vertreter Holstein zunächst das Pech, das einzige Viertelfinalspiel bestreiten zu müssen, während drei Mannschaften direkt ins Halbfinale einzogen. Holstein musste dabei zum Berliner Vertreter Union 06 reisen. Auf dem ruhmreichen Hertha-Platz am Gesundbrunnen lieferten sich beide Mannschaften ein hart umkämpftes Spiel. Als auch nach der Verlängerung beim Spielstand von 2:2 kein Sieger gefunden worden war, musste ein Rückspiel die Entscheidung bringen. Vor 4.000 Zuschauern auf der Kieler Waldwiese setzten sich die Störche deutlich mit 4:1 durch. Dieser Sieg macht Holstein schlagartig zum Favoriten der Amateurmeisterschaft, hieß es damals.

Finaleinzug und Landespokalsieg

Nach einem erneut deutlichen 5:2-Erfolg gegen den Südwest-Meister FC Sobernheim konnten es die überglücklichen Holstein Amateure gar nicht fassen. Der Einzug in das Finale war besiegelt. Besondere Vorfreude kam zudem auf, weil das Endspiel, in dem Holstein auf Siegburg 04 traf, 1961 wieder einmal als Vorspiel zum „großen“ Finale um die Deutsche Meisterschaft ausgetragen wurde. In Hannover trafen Borussia Dortmund und der 1. FC Nürnberg aufeinander, natürlich vor ausverkauftem Haus – und entsprechend konnten sich auch die Teilnehmer des Amateurendspiels auf eine große Kulisse freuen. Im Vorfeld des Endspiels sicherte sich die Mannschaft von Erich Wolf den Landespokal und bereitete sich in der Lüneburger Heide auf den großen Tag vor.

Das offizielle Programmheft des DFB zu den beiden Endspielen 1961
Original Eintrittskarte der Endspiele 1961

Der Tag von Hannover

Die Aufregung war schon vor dem Spiel groß – die vereinbarte Polizei-Eskorte für den Holstein-Bus war nicht rechtzeitig zur Stelle. So kam die Kieler Mannschaft gerade einmal eine halbe Stunde vor dem Anpfiff im Niedersachsenstadion an. Die Kulisse war bereits beeindruckend: „72.000 beim Anpfiff um 15.20 Uhr, aber zur Halbzeit war das Stadion mit 82.000 schon voll besetzt“, vermeldete das Sport Megaphon. 20 Pfennig pro Eintrittskarte gingen am Ende auch an den Amateurmeister.

Torwart Jürgen Horn, Rudi Balsam und Uli Meyer (v. li.)

Bei hochsommerlichen Temperaturen markierte Krafczyk bereits nach sechs Minuten die Kieler Führung. Siegburg glich nach einer halben Stunde durch Witter aus. Erst nach der Pause wurden die Verhältnisse klar: Lankeit erzielte bereits mit dem ersten Angriff der zweiten Hälfte nach Vorarbeit von Ulrich Meyer und Mund das 2:1 und legte eine Viertelstunde später auch das 3:1 nach. Anschließend waren die Siegburger nur noch zu zehnt, weil Läufer Alda völlig verausgabt vom Platz getragen werden musste – Wechsel waren noch nicht erlaubt. Die Siegburger kämpften zwar stark. Doch Mund und Meyer erhöhten noch zum 5:1-Endstand.

Wuchtiger Schuss des Kielers Dieter Krafczyk im Endspiel 1961
Günter Lankeit erzielt seinen zweiten Treffer im Finale von Hannover
Der Deutsche Amateurmeister 1961 aus Kiel
Titelschlagzeile des Sport Megaphon im Juni 1961

Endspiel Deutsche Amateurmeisterschaft

Samstag, 24. Juni 1961 in Hannover (Niedersachsenstadion)

Holstein Kiel Amateure – SV Siegburg 04 5:1 (1:1)

Kiel: Jürgen Horn, Rudi Balsam, Horst Berszuk, Gerhard Broszat, Peter Rautenberg, Peter Lempfert, Ulrich Meyer, Horst Mund, Günter Lankeit, Manfred Podlich, Dieter Krafczyk
Trainer: Erich Wolf

Siegburg: Ernst Dykstra, Adolf Waletzke, Eberhard Alda, Jochen Alda, Jules Antoine, Willi Miebach, Hans Zimmermann, Peter Witter, Willi Römer, Karl Konik, Manfred Eder
Trainer: Karl Heimers

Tore: 1:0 Krafczyk (6.), 1:1 Witter (31.), 2:1 Lankeit (46.), 3:1 Lankeit (61.), 4:1 Mund (66.), 5:1 Meyer (75.)

Zuschauer: 82.000

Die drei Amateurmeister Peter Rautenberg, Jürgen Horn und Peter Lempfert im Juni 2024 in der Kieler Forstbaumschule
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