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KSV Holstein von 1900 e. V. Wappen

138 Tore – Gerd Koll

Keiner war besser als „Oma“

Die besten Torjäger der KSV Holstein (Platz 1)

Gerd Koll war eine lebende Kieler Fußball-Legende. Der ewige Rekordtorjäger der Störche klopfte mit der KSV Holstein in der Aufstiegsrunde 1965 an das Tor zur 1. Bundesliga und führte die Kieler 1978 als Trainer in die 2. Liga Nord. Am 18. März 2013 verstarb der Studienrat für Sport und Englisch nach schwerer Krankheit. Mit 138 Punktspiel-Treffern ist „Oma“, wie er von allen genannt wurde, bis heute der erfolgreichste Torschütze der Kieler Nachkriegsgeschichte.

Konsterniert schlich Hans-Josef „Bubi“ Hönig in die Kabine, Mannschaftsführer Peter Ehlers konnte sich angesichts seiner „überzogenen“ Roten Karte in der 92. Minute gar nicht mehr beruhigen und der 27-jährige Stürmer Gerd Koll hatte den Kopf in Verzweiflung gesenkt. Währenddessen feierten 35.000 begeisterte Zuschauer am Gladbacher Bökelberg die junge Fohlen-Elf um Jupp Heynckes, Bernd Rupp, Herbert Laumen und Günter Netzer, die mit einem last-minute-Tor den so wichtigen 1:0-Erfolg im Kampf um den Aufstieg gegen die Kieler Störche unter Dach und Fach gebracht hatte. Die KSV Holstein musste sich in dem wohl denkwürdigsten Spiel der Vereinsgeschichte knapp geschlagen geben und der Traum von der 1. Bundesliga fand für den souveränen Meister der Regionalliga Nord ein jähes Ende. Die Störche saßen in der Kabine und weinten. „Glück gehört eben dazu, wenn man gegen Holstein gewinnen will“, freute sich die Gladbacher Trainer-Legende Hennes Weisweiler über den wichtigsten Sieg des Jahres, vielleicht sogar des Jahrzehnts. Denn die Borussia schrieb nach dem Aufstieg im Juni 1965 eine der größten Erfolgsstorys der deutschen Fußball-Geschichte. Für Holstein Kiel und den ewigen Rekordtorschützen Gerd Koll, war es das letzte Mal, dass man an das Tor zur höchsten deutschen Spielklasse klopfte.

„Das schon so oft genannte Spiel in Gladbach war der Knackpunkt“, erinnerte sich Koll stets sehr lebhaft an den tragischen Tag am Bökelberg. „Wir waren die deutlich überlegene Mannschaft, konnten aber selbst beste Möglichkeiten nicht verwerten. Und in der letzten Spielminute wurden wir gleich doppelt bestraft. Peter Ehlers sah die Rote Karte und die Borussia schlug per Freistoß eiskalt zu. Der 4:2-Sieg gegen die Fohlen im Rückspiel kam leider schon zu spät.“ Ob sich Holstein damals in der 1. Bundesliga etabliert hätte, das stand für Koll auch Jahre danach auf einem ganz anderen Papier: „Wir hatten eine mit Routiniers gespickte und in die Jahre gekommene Mannschaft. Es hätte einen deutlichen Umbruch geben müssen. Es ist fraglich, ob wir dann die große Herausforderung bestanden hätten. Auch im Umfeld fehlte einfach das nötige Geld, um mithalten zu können. Die Zuschauerzahlen auf dem Holsteinplatz hingegen stimmten, wir hatten regelmäßig über 10.000 Besucher, in Spitzenspielen hin und wieder sogar über 20.000.“

Nach dem Abitur 1958 war der gebürtige Rendsburger im zarten Alter von 20 Jahren zur KSV Holstein gewechselt, um „einfach nur mal so in der Amateurmannschaft zu spielen.“ Es dauerte allerdings nicht lange, bis er sich dank seines ausgeprägten Torriechers über die dritte und zweite in die Oberliga-Mannschaft gespielt hatte. Fortan erzielte der antrittsschnelle und bewegliche Goalgetter so viele Tore für die Störche wie keiner vor ihm und bis dato auch keiner nach ihm. 1962 wurde Koll mit der grandiosen Zahl von 28 Treffern in 29 Begegnungen noch vor dem großen Uwe Seeler Torschützenkönig der Oberliga Nord, damals die höchste deutsche Spielklasse. Der Gewinn der Norddeutschen Meisterschaft 1965 und die anschließende Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur 1. Bundesliga bildeten die Höhepunkte seiner erfolgreichen Laufbahn, die er schon 1968 beendete. Acht Jahre später kehrte er als Trainer zu Holstein Kiel zurück, um mit einem jungen, von zahlreichen Eigengewächsen wie Axel Möller, Harry Witt, Thorsten Neumann oder auch den Tönsfeldt-Brüdern gespickten Team 1978 den Aufstieg in die 2. Liga Nord zu feiern. „Gerd Koll hatte immer eine ganz besondere Ansprache. Er war in seiner Art ruhig, sachlich und unheimlich motivierend“, erinnert sich Ex-Storch Immo Stelzer. „Das lag sicherlich auch an seiner Erfahrung als Pädagoge“, so der ehemalige Mannschaftskapitän.

Tatsächlich arbeitete Gerd Koll parallel zu seiner Trainertätigkeit am Kieler Max-Planck-Gymnasium, war dort in der Unterstufe u.a. auch Lehrer des heutigen Holstein-Trainers Thorsten Gutzeit. Der Aufstieg 1978 war gleichzeitig das Ende von Kolls Trainerkarriere bei Holstein. Die 2. Liga war nicht mit seinem Beruf als Studienrat für Englisch und Sport zu vereinbaren. Andreas Raddatz, ehemaliger Vizepräsident der KSV, erlebte als Schüler Koll von 1973 bis 1982 hautnah: „Für uns sportbegeisterte Jugendliche war es natürlich klasse, solche Lehrer wie Gerd Koll haben zu dürfen.  Er war nicht nur sportlich sondern vor allem auch menschlich ein großes Vorbild.“

Als es bei Holstein im Herbst 1979 in der 2. Liga nicht mehr richtig lief, da sprang Koll wie selbstverständlich noch einmal für vier Wochen ein. Zeitgleich war er damals noch Trainer des FC Kilia Kiel und stand somit täglich von 17 bis 18.30 Uhr bei den Störchen auf dem Trainingsplatz und fuhr dann schnell zum Hasseldieksdamer Weg, um dort bis in die späten Abendstunden seine Aufgabe zu erfüllen. Am Wochenende stand Gerd Koll dann bei Holstein und Kilia gleich zweimal bei Punktspielen an der Seitenlinie. So etwas wäre heute undenkbar.

Gerd Koll war nie jemand, der sich groß in den Mittelpunkt gedrängt hat. Das hat er lieber anderen überlassen. Seit seiner Pensionierung 2000 blieb der Sport, vor allem Radfahren und Tennisspielen, ein wichtiges Element seiner Freizeitgestaltung. Aber auch die Reiselust trieb den Familienvater Koll zusammen mit seiner Ehefrau Käthe an die spannendsten Orte. Besuche im Holstein-Stadion wurden in den letzten Jahren weniger, aber beim Treffen der Traditionsmannschaft im April 2012 war es wieder da, das Leuchten in den Augen der Kieler Fußball-Legende. Und der einstige Klassestürmer meinte nach dem 1:0-Heimspielsieg seiner Störche gegen RB Leipzig und dem Wiedersehen mit zahlreichen Weggefährten sichtlich gerührt:  „Ich werde immer ein Holstein-Fan bleiben.“

Die Frage nach dem intensivsten Erlebnis seiner erfolgreichen Laufbahn war für Gerd Koll stets einfach zu beantworten: „Ein Spiel ist mir ganz besonders in Erinnerung geblieben. In der Saison 1961/62 pilgerten gegen den Hamburger SV 22.000 Zuschauer zum Holsteinplatz. In der 78. Minute traf ich sogar noch per Elfmeter zum 2:1. Und was passierte dann? Uwe Seeler markierte im Gegenzug den Ausgleich und am Ende siegten die Rothosen mit sage und schreibe 6:2. Fünf Gegentore im Holstein-Stadion binnen zehn Minuten gab es wohl auch nur einmal. Immerhin haben wir uns im Rückspiel revangiert und mit 2:1 am Rothenbaum gewonnen.“

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