Vor 60 Jahren: KSV-Amateure werden deutscher Amateurmeister

Holsteins Stopper Peter Rautenberg (li.) im Meisterschaftsendspiel von Hannover vor 80.000 Zuschauern

Heute vor genau 60 Jahren, am 24. Juni 1961, holten die Holstein-Amateure den Titel des Deutschen Amateurmeisters nach Kiel. Mit einem überzeugenden 5:1-Sieg im Endspiel setzte sich die Reserve der KSV Holstein am 24. Juni 1961 die kleine Krone des deutschen Fußballkönigs auf.

Viermal stand Holstein Kiel im Endspiel um die Deutsche Fußballmeisterschaft, wurde zweimal Deutscher Meister. Moment! Vier Mal? Zwei Mal? Ja, denn neben den Endspielen 1910, 1912 und 1930 sowie dem Titelgewinn von 1912 erreichten die Störche auch 1961 das Finale um Deutschlands Fußballkrone! Allerdings ging es „nur“ um die der Amateure, denn nach Einführung des bezahlten Fußballs wurden in Deutschland gleich zwei Titel ausgespielt.

Mit Ede Wolf nach oben

Mit der Gründung der Oberliga Nord 1947 war es im Unterbau zu gewaltigen Strukturveränderungen gekommen. In diesem Zusammenhang hatte der NFV die Reserve der KSV Holstein 1951 unter gehörigem Protest in die Kreisliga eingereiht, woraufhin an der Projensdorfer Straße umgehend das Ziel Landesliga ausgegeben worden war. Mit unwiderstehlicher Eleganz und Souveränität erreichten die kleinen Störche ihr Ziel binnen nur vier Jahren: 1953 ging es in die Bezirksliga, und schon 1955 wurde die höchste Landesklasse erreicht. Damit war die von Erich Wolf trainierte Reserve zugleich zu einer der führenden Fußballmannschaften in Kiel aufgestiegen.

Der Aufschwung

1960/61 erreichte der Aufschwung seinen Zenit. Während die Vertragsspielerelf in der Oberliga um den Klassenerhalt zitterte, dominierte die 2. Mannschaft  ihre Gegner in der Landesliga nach Belieben. Und das, obwohl sie mit Peter Wittmaack, Rudi Balsam, Dieter Krafczyk, Jürgen Horn und Horst Mund regelmäßig Akteure an das dezimierte Oberligateam abgeben musste und zudem diverse Leistungsträger mit der SHFV-Auswahl im Landespokal bis ins Finale vorgedrungen waren.

Von einer Dreifachbelastung war jedoch nichts zu sehen. Im Gegenteil. Mit ihrem flotten und technisch hochklassigen Flachpassfußball sowie einer schier unendlichen Kondition war die Elf ihren Gegnern in nahezu allen Belangen überlegen. Vor allem in Schleswig-Holstein. Den Landespokal gewann sie mit einem 2:1-Finalsieg über den TuS Lübeck 93. Die Meisterschaft der Landesliga wurde mit vier Punkten Vorsprung auf Phönix Lübeck errungen. Und mit der Landesauswahl bezogen die zahlreichen Holstein-Akteure erst im Finale gegen Hamburg eine Niederlage.

Die Endrunde

Auch in der Endrunde um die Deutsche Amateurmeisterschaft, an der seinerzeit die Meister aller höchsten Amateurklassen Deutschlands teilnahmen, räumte das Team um Kapitän Horst Berszuck nach dem Berliner Meister Union 06 (2:2 n.V., 4:1 im Wiederholungsspiel) auch Südwest-Titelträger 1. FC Sobernheim (3:2 n.V.) aus dem Weg und erreichte damit das Finale. Dortiger Gegner war Mittelrheinmeister Siegburg 04.

Das kleine Endspiel

Das „kleine“ Endspiel fand als Vorspiel zum „großen“ Endspiel zwischen Borussia Dortmund und dem 1. FC Nürnberg im Niedersachsenstadion zu Hannover statt. Rund 82.000 Fans säumten die Ränge, als Schiedsrichter Ott aus Rheinbrohl beide Mannschaften aufs Feld führte. Holstein spielte mit Jürgen Horn im Tor, Rudi Balsam und Horst Berszuck in der Verteidigung, Gerhard Broszat, Peter Rautenberg und Ulrich Meyer in der Läuferreihe sowie Horst Mund, Peter Lempfert, Dieter Krafczyk, Günter Lankeit und Manfred Podlich im Angriff.  Zunächst wirkte die Störche-Elf etwas überheblich. Zudem war dem Gegner sein schwerstes Handicap deutlich anzusehen: In Siegburg kannte man überwiegend Aschenplätze und spielte nur selten auf sanften Rasenteppichen. Ganz anders die Störche-Elf, deren Spiel auf gepflegten Boden ausgerichtet war, und die zudem über Akteure mit Oberligaerfahrung verfügten. Als Mittelstürmer Dieter Krafczyk Kiel schon nach sechs Minuten in Führung brachte, schien der Holstein-Express auf dem richtigen Wege zu sein. Doch Holstein stand sich selbst im Weg. Zu ballverliebt und zu sehr in die Breite spielend konnten sich die Kieler keine weitere Torchance herausspielen und zauberten vornehmlich für die Kulisse. Nach einer guten halben Stunde vermochte der Siegburger Witter den Spielverlauf daher mit dem Ausgleich für den bieder wirkenden Gegner auf den Kopf zu stellen.

Holstein schlägt zurück

Nach dem Wiederanpfiff stand eine ganz andere Holstein-Elf auf dem Feld. Druckvoll, ihre technische Überlegenheit nun ausspielend und die Siegburger Abwehr immer wieder mit geschickten Attacken über die Außenstürmer aushebelnd, spielten die Störche ihren Gegner nun förmlich an die Wand. Begünstigt wurde der Holstein-Sturmlauf durch den erneuten Führungstreffer unmittelbar nach dem Wiederanpfiff durch Günter Lankeit. Derselbe Spieler erhöhte nach einer Stunde auch auf 3:1 und brach damit endgültig den Siegburger Widerstand. Horst Mund und Ulrich Meyer konnten den Vorsprung schließlich auf 5:1 schrauben und zum zweiten Mal nach 1912 den Titel des Deutschen Fußballmeisters nach Kiel holen. (Hardy Grüne)

Der Weg zum Titel 1961:

Ausscheidungsspiel

Union 06 Berlin – Holstein Kiel 2:2 n.V. 1:4 i.E.

Vorschlussrunde

Siegburger SV – FC Haßfurt              5:4

FC Sobernheim – Holstein Kiel         2:5

Endspiel

Holstein Kiel – Siegburg 04 5:1

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