Arjen Robben oder Manuel Janzer?

Kiels Flügelflitzer Kandidat für das Tor des Monats in der Sportschau

Manuel Janzer kam im Sommer 2015 vom 1. FC Heidenheim zu den Kieler Störchen. Der sympathische Flügelflitzer fällt nicht nur durch sein immer wieder blondiertes Haar auf. Der 25-jährige Mittelfeldspieler ist für seine Gegenspieler schwer zu stoppen und auch vor dem Tor gefährlich. Wenn er trifft, dann meist auch sehenswert. So wie zuletzt beim 2:2 im Heimspiel gegen den VfR Aalen. Kein Wunder, dass dieser herrliche Seitfallzieher auch in der „ARD Sportschau“ als ein mögliches Tor des Monats Februar ausgewählt worden ist. Manuel Janzer – ein Porträt:

Mittelfeld: Ich habe in meiner Karriere schon fast auf jeder Position gespielt. Im Tor stand ich noch nicht, aber sonst habe ich auf dem Feld alles durch. Im Mittelfeld fühle ich mich am wohlsten. Und da, so wie jetzt bei Holstein Kiel, auf den Flügeln. Ich kann auf beiden Seiten spielen, obwohl ich von Haus aus Rechtsfuß bin. Ich ziehe gerne von der linken Seite nach innen, aber mein linker Fuß ist auch nicht so schlecht. Ich kann ganz brauchbare Flanken damit schlagen, vielleicht liegt es daran, dass ich mich dann besser konzentriere. Im Wissen, dass es eigentlich mein schwächerer Fuß ist. Ich kann im Mittelfeld auch den Zerstörer spielen und dann überwiegend hinten arbeiten, zu schade bin ich mir dafür auf keinen Fall! Aber lieber spiele ich auf einer Position, auf der ich Zug zum Tor habe, da kann ich meine Schnelligkeit besser ausspielen. Ich habe meine Karriere als Außenverteidiger begonnen und dann, weil meine Sprungkraft ganz ok ist, auch Innenverteidiger gespielt. So richtig wohl fühlte ich mich dort aber nicht – macht ein Innenverteidiger ein Fehler, fällt in der Regel auch ein Gegentor. Danach kann ich das Spiel für mich abhaken, ich mache mir dann einfach zu viele Gedanken.

Angeln: Ich habe zwar keinen Angelschein, aber zu meiner Zeit beim VfB Stuttgart (von der D-Jugend bis in den Herrenbereich/Juli 2014, d. Red) habe ich es gerne gemacht. Mein Kumpel Patrick Funk, der heute bei Wehen Wiesbaden spielt, hat mich damals zu einem Forellenteich mitgenommen. Dort saßen wir dann stundenlang rum und ich habe sogar ein paar Fische gefangen. Das war ein super Gefühl, als ich meine erste Forelle aus dem Teich gezogen habe. Abends haben wir sie dann gegrillt. Zubereiten musste sie aber Patrick, das Kochen ist nicht meine Stärke. Ich habe ihm versprochen, dass ich in Kiel meinen Angelschein machen werde. Wenn nicht hier, wo dann? Aber leider habe ich das Versprechen bis heute noch nicht einlösen können.

Niederlage: Die mag ich gar nicht, was bei einem Leistungssportler aber auch nicht verwunderlich sein dürfte. Aber mich beschäftigen Niederlagen schon sehr extrem, richtige Klatschen sogar tagelang. Einen brauche ich auf jeden Fall, da lege ich mich auf die Couch und rede mit niemanden. Wenn es geht, schaue ich mir das Spiel noch einmal an, versuche herauszufinden, woran es denn gelegen haben könnte. Bei der Analyse gehe ich nur mit mir ins Gericht, frage mich, welchen Anteil ich daran hatte. Was hätte ich besser machen können? Auch wenn ich keinen richtigen Fehler finde, frage ich mich, warum ich nicht das entscheidende Tor geschossen habe? Unschuldig bin ich an einer Niederlage nur, wenn ich gar nicht mitgespielt habe. Eine besonders harte Niederlage? Da fällt mir spontan das 0:1 im Heimspiel in dieser Saison gegen den VfL Osnabrück ein. Ich stand damals zwar nicht auf dem Platz, aber dieses Gegentor in letzter Sekunde hat mich noch lange beschäftigt. Das hatte ich bis dato in meiner Karriere noch nicht erlebt, dass meine Mannschaft ein Spiel in der allerletzten Sekunde aus der Hand gegeben hat.

U17: Die Zeit als U17-Fußballer beim VfB Stuttgart war die beste in meinem bisherigen Sportlerleben. Ich wurde mit der Nationalmannschaft durch einen 2:1-Sieg in der Verlängerung gegen Holland Europameister. Den entscheidenden Freistoß, das werde ich nie vergessen, schoss Florian Trinks im mit mehr als 20000 Zuschauern ausverkauften Stadion in Magdeburg. Ich stand auf dem Platz, als er dieses Tor erzielte. Denke ich daran, kommen gleich viele schöne Erinnerungen hoch. Im Kader waren damals Spieler wie Mario Götze, Shkodran Mustafi, Bernd Leno und Marc-André Ter Stegen, die auch heute, als Profis, noch zum Kreis der Nationalmannschaft gehören. Zu Bernd, mit dem ich auch lange beim VfB gespielt habe, stehe ich immer noch in einem guten Kontakt. Unsere Eltern sind zudem eng befreundet. In diesem Jahr schlugen wir im Finale um die deutsche Meisterschaft auch noch den FC Bayern München. Das Team um den heutigen Ligaspieler David Alaba war damals das Nonplusultra im B-Jugend-Bereich. In den Punktspielen dieser Saison hatten wir zweimal gegen sie verloren, aber das Endspiel gewannen wir mit 2:1 in der Verlängerung. Ich habe damals den Ausgleich zum 1:1 erzielt.

Eltern: Johan und Alla sind zwei ganz wichtige Personen in meinem Leben. Sie haben damals viel Zeit geopfert, damit ich als Fußballer Karriere machen konnte. Beispielsweise haben sie mich drei Jahre lang dreimal in der Woche von unserem Wohnort Oberkochen nach Stuttgart gefahren, damit ich dort trainieren konnte. 100 Kilometer für eine Fahrt, und da es sich bei diesen Entfernungen nicht gelohnt hätte, zwischendurch wieder nach Hause zu fahren, sind sie dann gleich auf dem Trainingsgelände geblieben. Es war auch nicht einfach für sie, als ich dann im Internat des VfB aufgenommen wurde. Ich war damals erst 15 Jahre alt. Welchen Eltern fällt es leicht, ein Kind in diesem Alter in eine so andere Welt zu entlassen!? Rückblickend betrachtet bin ich meiner Mutter auch sehr dankbar dafür, dass sie darauf bestanden hat, meine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann zu beenden. Es gab einige Phasen, in denen ich keine sonderlich große Lust dazu hatte, und ohne meine Mutter hätte ich mich wahrscheinlich entschieden, ganz auf den Fußball zu setzen. Was ein Fehler gewesen wäre. Sie schauen auch heute noch oft bei meinen Spielen zu, besuchen mich regelmäßig in Kiel und bleiben dann auch gleich ein, zwei Wochen. Auch mein Bruder Eugen, der neun Jahre älter ist als ich, hat mich immer super unterstützt. Ohne meine Familie wäre ich wahrscheinlich nie Profi geworden.

Leibspeise: Ganz klar – die Maultasche! Meine Mutter macht immer geröstete Maultaschen für mich, die schmecken sooo lecker. Für eine gebürtige Russin beherrscht sie diese schwäbische Spezialität wirklich hervorragend (lacht). Hier in Kiel lädt mich Eddi (Essl, bei der KSV für die Einlaufkinder zuständig, d. Red.) einmal im Monat zu Maultaschen mit Kartoffelsalat ein. Er kommt aus Stuttgart, ihm liegt das also im Blut. Dann essen wir beide nach einem Heimspiel in seinem Kabuff im Holstein-Stadion gemütlich zusammen. Eigentlich wäre gegen den SC Paderborn wieder ein Essen fällig gewesen, aber da ich verletzt gewesen bin, habe ich ihn darum gebeten, das Essen auf einen Zeitpunkt zu verschieben, an dem ich wieder auf dem Feld stehen kann.

Job: Ich habe das große Glück, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Fußball habe ich schon als Sechsjähriger gespielt, auf dem Bolzplatz, mit meinem Bruder in der Wohnung. Ich hatte immer einen Ball am Fuß. In der E-Jugend fing ich bei meinem Heimatverein TSV Oberkochen an, doch schon als D-Jugendlicher wechselte ich zum VfB Stuttgart. Bei einem Hallenturnier in Oberkochen, der Highlight-Veranstaltung in unserer kleinen Stadt, habe ich ganz gut gespielt, ein paar Tore geschossen und bin dabei offenbar den VfB-Verantwortlichen aufgefallen. Auf jeden Fall haben sie meinen Trainer angesprochen und mich zu einem Probetraining eingeladen. Das war ein wahnsinniges Gefühl für mich – Probetraining beim VfB Stuttgart!! Mann, war ich damals nervös. Der VfB, das war für uns Jugendliche einfach eine ganz andere Welt. Mein Papa hat mich zum Probetraining begleitet. Ich war der einzige Neue und im Anschluss bot mir der Trainer an, dass ich bleiben dürfe. Da musste ich nicht lange überlegen! Ich möchte auch nach dem Ende meiner aktiven Karriere im Fußball bleiben, vielleicht werde ich Trainer. Warum auch nicht….

Ausland: Ich reise gerne und hätte auch nichts dagegen, eines Tages einmal im Ausland Fußball zu spielen. England wäre da meine erste Wahl. Auf diese Weise lässt sich, so meine Vorstellung, ein Land auch noch besser kennenlernen. Wenn ich Zeit habe, bereise ich gerne andere Länder. Bislang war Thailand mein Lieblingsziel gewesen. Dachte, es könnte keine bessere Urlaubsadresse geben. Aber jetzt bin ich mit Kenny (Kronholm, Ligatorhüter, d. Red.) in Mexiko gewesen und habe eine neue Nummer eins für Fernziele gefunden.

Naschen: Ich bin einer, der ab und zu ganz gerne nascht. Und deshalb bekomme ich auch regelmäßig Ärger mit Söre (Athletiktrainer Timm Sörensen, d. Red.), der sehr darauf achtet, dass wir uns richtig ernähren.

Ziele: Um im Fußball erfolgreich zu sein, braucht es auch eine Portion Glück. Deshalb möchte ich jetzt an dieser Stelle auch nicht davon sprechen, dass mein Ziel ist, am Ende der Saison mit dieser Mannschaft in die 2. Bundesliga aufzusteigen. Ein Wunsch ist das natürlich, aber einen solchen muss ja jeder Leistungssportler haben. Mein Ziel ist, mit dieser Mannschaft so erfolgreich wie möglich zu spielen. Ich habe, was die fußballerische Qualität angeht, bislang noch in keiner besseren gespielt. Außerdem stimmt es auch zwischenmenschlich in der Truppe. In vielen Teams gibt es verschiedene Cliquen, bei uns nicht. Es ist keiner dabei, der nicht mitzieht. Als beispielsweise Steven Lewerenz das 2:0 gegen den VfR Aalen (Endstand 2:2, d. Red.) erzielte, stürmten auch die Ersatzspieler auf den Platz, um ihn zu feiern. Auch ich habe mich für ihn gefreut, obwohl wir ja innerhalb der Mannschaft um eine Position konkurrieren. Aber so denke ich nicht. Und die anderen Spieler in dieser Mannschaft auch nicht.

Egel: Unser Mannschaftsarzt Martin Mrugalla setzt bei der Behandlung auch auf Blutegel. Und als ich im Training vor dem Aalen-Spiel einen Schlag auf die Wade bekomme habe, setzte mir Basti (Physiotherapeut Sebastian Süß, d. Red.) die Dinger auf die geprellte Wade. Innerhalb von 30 Minuten haben die sich richtig vollgesaugt und dabei meine Wade repariert. Dass ich ein Kandidat für das „Tor des Monats“ geworden bin, verdanke ich also den Egeln. Ich hätte es vor der Behandlung für ausgeschlossen gehalten, dass ich mit diesen Schmerzen zwei Tage später schon wieder Fußball spielen können würde.

Religion: Ich bin ein sehr religiöser Mensch, der auch viel und regelmäßig in der Bibel liest. Alle meine Tattoos haben einen religiösen Hintergrund. Verantwortlich dafür ist meine Oma, bei der ich als kleines Kind in Oberkochen viel Zeit verbracht habe. Sie hat mich im christlichen Glauben erzogen. Ich habe leider zu wenig Zeit, um regelmäßig in die Kirche zu gehen. Aber ich bete jedes Mal, bevor ich ein Spielfeld betrete. Auch im Training. Das ist ein Ritual für mich geworden. Und ich bete abends, bevor ich ins Bett gehe. Ich glaube daran, dass da einer ist, der mich beschützt. Bete ich, fühle ich mich einfach sicherer.

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