Diouf will Chance nutzen

Neuzugänge im Portrait

Teil 4: Dame Diouf

Seit zehn Jahren ist Dame Diouf in Deutschland. Der einstige Junge aus dem Armenviertel von Dakar hatte sich in Europa eigentlich das Fußball-Paradies erhofft, doch der Senegalese erlebte viel zu häufig die Schattenseiten seines Traumes. Der Vater starb bereits, als Diouf acht Jahre alt war. Bruder Mustafas Armeesold reichte nicht aus, Dame brach die Schule ab und arbeitete als Koch. Doch das fußballerische Talent des groß gewachsenen Sportlers wurde schnell offenkundig. Fast wäre Diouf im Senegal versauert. Sein Verein US Goree wollte „nur Geld verdienen“, verweigerte dem noch 17-Jährigen die Freigabe Richtung Tunesien. Diouf stellte für zwölf Monate die Fußball-Arbeit komplett ein und wechselte dann ablösefrei nach Frankreich. Dort kickte er in Rennes kurz mit El Hadji Diouf, der heute noch immer in der englischen Premier League aktiv ist. „Mit dem habe ich aber schon in den Straßen von Dakar gespielt“, weiß Diouf zu berichten und denkt dabei traurig über die dunklen Tage seiner von zahlreichen Rückschlägen geprägten Karriere zurück. Das Frankreich-Abenteuer dauerte nur wenige Monate. Nach den folgenden Stationen bei den Regionalligisten FC Homburg und SV Wilhelmshaven spielte er ein Jahr für Werder Bremen (A). Dort kam er mit der unnahbaren Art von Trainer Frank Neubarth überhaupt nicht klar und weiß bis heute nicht, warum er nach neun guten Spielen ohne jegliche Begründung aufs Abstellgleis geschoben wurde. Seine beste Zeit erlebte Diouf dann bei Hannover 96. Fast 1,90 Meter und 89 Kilo auf der Waage, der Senegalese entsprach den Vorstellungen von Franz Gerber, der ihn kurzerhand an die Leine lockte. Diouf war aufgefallen, weil „alle Angst hatten, gegen ihn zu spielen“, so Gerber. Bei den „Roten“ wurde Diouf zum Stammspieler, trug mit seinen fünf Toren in 26 Einsätzen einen erheblichen Teil zum Bundesliga-Aufstieg bei und bereits nach sechs Monaten verlängerte Hannover noch als Zweitligist seinen Vertrag bis 2005. Weil Bundesligisten wie Freiburg und der HSV aufmerksam wurden. In Dakar jubelten die Mama, drei Schwestern und zwei Brüder. Zwei weitere Brüder lebten da schon in Paris. Doch nach dem hervorragenden Aufstiegsjahr lief es für Diouf nicht mehr rund, der Innenverteidiger brachte es nur noch auf sechs Erstligaeinsätze. Im Januar 2003 beendete dann ein Kreuzbandriss Dioufs Hoffnungen. Doch der Senegalese kämpfte sich wieder heran und ließ sich nach Osnabrück in die 2. Liga ausleihen, um endlich wieder Fußball zu spielen. Aber der VfL stieg ab und Diouf tauchte wieder bei 96 auf. Dort kannte ihn der neue Trainer Ewald Lienen nicht – und wollte ihn auch nicht. „Einmal hat er mich sogar vom Trainingsplatz geschubst. Lienen hatte keinen Respekt.“ Das Kapitel Bundesliga war damit beendet. Danach begann für Diouf eine Leidenszeit. Vereinslos, arbeitslos und hoffnungslos. Eine Rückkehr nach Afrika erschien ihm mit Frau und Sohn unmöglich. Ein kurzzeitiges Engagement beim SV Wehen in der Regionalliga Süd, Probetraining in Frankreich und Griechenland sowie einige Monate beim Oberligisten Arminia Hannover – Diouf war weiter auf der Suche nach einer sportlichen Heimat. Bei Holstein Kiel hofft er sie endlich gefunden zu haben. „Peter Vollmann hat mir hier eine großre Chance eröffnet, die ich unbedingt nutzen möchte“, so der hochmotiviert wirkende Neuzugang der „Störche“. „Ich will sofort ganz oben mitspielen“, stellt Diouf hohe Ansprüche an sich selbst und hofft diese mit seinen „alten Bekannten“ im Holstein-Kader auch umsetzen zu können. Denn Sven Boy (damals Fürth), Holger Hasse (VfB Lübeck), Simon Henzler (Union Berlin) und zuletzt in der Oberliga auch dem ehemaligen Meppener Michael Holt hat Diouf schon auf dem grünen Rasen gegenüber gestanden. Der Kontakt zu Michel Dinzey, mit dem Diouf in Hannover noch selbst zusammen gespielt hat, ist ohnehin nie abgerissen. „Das sind alles ganz starke Spieler, mit ihnen muss es einfach nach oben gehen. Ich will nur noch ein Jahr lang in der Oberliga spielen“, würde Diouf das Scheitern in der Regionalliga-Qualifikation auch als eine schwere persönliche Niederlage ansehen. Der kopfballstarke und einst aufbrausende Verteidiger hat sich in den letzten zehn Jahren vom Individualisten zum Teamplayer entwickelt und will mithelfen, in der Kieler Verteidigung Beton anzurühren und auf dieser Grundlage „jedes Wochenende drei Punkte einzufahren.“ Trotz seiner gefährlichen Vorstöße sieht Diouf seine „Heimat“ ganz klar in der eigenen Hälfte und erklärt seine Defensiv-Philosophie folgendermaßen: „Mit der Abwehr ist es wie mit dem Gebiss. Wenn ein Zahn fehlt, dann kann man nicht mehr lächeln“, schmunzelt Diouf und verabschiedet sich zur nächsten Trainingseinheit. (Patrick Nawe)

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