Fin Bartels: Das letzte Heimspiel der Karriere

Am Saisonende beendet Fin Bartels seine großartige Karriere. Am Freitag steht für ihn das letzte Heimspiel im Holstein-Stadion an – und zwar ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub, den FC St. Pauli

Wir schreiben das Jahr 2005. Angela Merkel wird die erste Bundeskanzlerin Deutschlands, Benedikt XVI. wird zum neuen Papst gewählt – und Fin Bartels läuft zum ersten Mal für die Ligamannschaft unserer KSV auf. Fast 18 Jahre ist es her, dass der Kieler Jung sein Profi-Debüt feierte. Am Freitag bestreitet der 36-Jährige sein letztes Heimspiel, ehe mit dem Auswärtsspiel am Pfingstsonntag bei Hannover 96 nicht nur die Saison 2022/23, sondern auch Bartels‘ großartige Karriere endet. Grund genug, vor dem Nordduell gegen den FC St. Pauli noch einmal auf seine bewegte Laufbahn zurückzublicken.

Bereits 2002 wechselte Bartels als 15-Jähriger von der SpVg Eidertal Molfsee in die Nachwuchsabteilung unseres Vereins. Nur drei Jahre später rückte er als A-Jugendlicher in den Profikader auf und wurde beim 3:3-Unentschieden gegen Fortuna Düsseldorf in der 86. Minute eingewechselt. „Ich bin kurz vor Schluss eingewechselt worden und wir haben in der Nachspielzeit noch den 3:3-Ausgleich gemacht. Das war direkt zu Beginn schon ein echtes Highlight“, erinnert sich Bartels an seinen Start nach Maß.  Während beide Teams mittlerweile in der 2. Bundesliga aufeinandertreffen, wurde die Partie damals in der Regionalliga Nord ausgetragen. Fortan spielte sich der 1,76 Meter große Flügelflitzer bei den Profis fest und absolvierte in den folgenden eineinhalb Jahren insgesamt 50 Punktspiele in der damals noch drittklassigen Regionalliga Nord insgesamt, in denen er fünf Tore erzielte. Dass der Rechtsfuß Talent hat, blieb auch höherklassigen Vereinen nicht verborgen, sodass es 2007 zum FC Hansa Rostock ging, der zu diesem Zeitpunkt just in die Bundesliga aufgestiegen war. „Mir war noch gar nicht so recht bewusst, dass es vielleicht auch für mehr reichen könnte. Aber als Frank Pagelsdorf dann anrief und mich fragte, ob ich nach Rostock wechseln möchte, wollte ich das Angebot natürlich wahrnehmen“, so Bartels in der Retrospektive. Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnte: Der Wechsel von der einen in die andere Ostseestadt sollte der Beginn einer Karriere-Nordtour werden.

Nachdem bereits sein Profidebüt in der Regionalliga kein Spiel wie jedes andere gewesen war, setzte Bartels zwei Etagen höher noch eins drauf. Sein erstes Bundesliga-Tor erzielte er gegen Arminia Bielefeld am 1. März 2008 nicht irgendwie, sondern als Joker per Fallrückzieher zum 1:1-Endstand. „Übrigens gegen Mathias Hain im Bielefelder Tor, mit dem ich dann später noch bei St. Pauli zusammengespielt habe“, schmunzelt Bartels. Apropos St. Pauli: Nach drei Jahren in Rostock zog es den flinken Außenbahnspieler nach Hansas Abstieg in die 3. Liga weiter ans Millerntor. In seiner Debütsaison beim Erstliga-Aufsteiger musste er direkt den nächsten Abstieg hinnehmen. Und auch wenn diese Tatsache an ihm nagte (Bartels: „Nach dem Derbysieg beim Hamburger SV waren wir Elfter und sind am Ende trotzdem abgestiegen. Der Klassenerhalt wäre auf jeden Fall drin gewesen.“), so erlebte der Offensivspieler in den kommenden drei Jahren in Liga zwei dennoch „eine traumhafte Zeit“, wie er selbst rückblickend sagt. „Bei Hells Bells einzulaufen, hat mir jedes Mal Gänsehaut beschert. Die Atmosphäre bei Heimspielen am Millerntor war schon immer sehr besonders“, berichtet der gebürtige Kieler, dessen Familie während seiner Zeit in Hamburg übrigens acht Dauerkarten besaß, sodass er sich der Unterstützung von Eltern, Oma und Freunden stets sicher sein konnte.

2014 wechselte Bartels dann zum dritten Mal in seiner Karriere zu einem Erstligisten – und wieder war es mit Werder Bremen ein Nordklub, bei dem er sechs Jahre bleiben sollte. „Wir haben zwei Mal an der Qualifikation zur Europa League gekratzt, und auch wenn es am Ende nicht geklappt hat, so war es dennoch eine tolle Zeit in Bremen“, resümiert der 36-Jährige, dessen Vertrag nach der Saison 2019/20 bei Werder nicht verlängert wurde. Folglich war der Weg frei für den Traum, den nicht nur Bartels selbst, sondern auch viele Holstein-Fans ganz fußballromantisch viele Jahre gehegt hatten: Dass der verlorene Sohn eines Tages zur KSV zurückkehrt und noch einmal für den Heimatverein aufläuft. Im Sommer 2020 war es dann so weit. Im Alter von 33 Jahren kam Bartels „nach Hause“ – und unterstrich schnell, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Im DFB-Pokal-Erstrundenspiel gegen den 1. FC Rielasingen-Arlen erzielte der Rückkehrer direkt seinen ersten Pflichtspieltreffer für die Störche, weitere sollten folgen. Der Routinier wurde umgehend zum unumstrittenen Leistungsträger und bescherte den Holstein-Anhängern zahlreiche magische Momente. So bescherte sein 1:0-Siegtreffer per Seitfallzieher im Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg in der Saison 2020/21 unseren Störchen nicht nur drei Punkte, sondern wurde später auch noch von den Zuschauern der ARD Sportschau zum Tor des Monats Dezember gewählt. Und daran, dass unsere KSV am 13. Januar 2021 in der 2. Runde des DFB-Pokals sensationell den FC Bayern München per 8:7-Sieg nach Elfmeterschießen aus dem Wettbewerb warf, hatte der Routinier ebenfalls maßgeblichen Anteil: Er erzielte den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich – und verwandelte am Ende im Elfmeterschießen den entscheidenden Strafstoß zum 8:7-Überraschungserfolg. Später wurde Bartels sogar von Fans und einer Fachjury zum Pokalhelden der Saison gekürt, sodass sein Fußabdruck in Bronze gegossen und auf dem DFB-Pokal-„Walk of Fame“ am Berliner Olympiastadion verewigt wurde. Seit der Rückkehr in seine Heimatstadt bestritt 85 Pflichtspiele, in denen er 21 Tore erzielte und neun weitere vorbereitete. Insgesamt stehen in seiner Karriere bis zum heutigen Tage über 450 Pflichtspiele zu Buche.

Wie mag es sich nun nach so vielen Jahren im Profifußball wohl anfühlen, wenn einen noch genau 180 Minuten vom Karriereende trennen? „Unwirklich“, stellt Bartels klar. „Ich kann es noch gar nicht richtig realisieren. Nachdem im Winter die Entscheidung gefallen ist, meine Karriere zu beenden, wollte ich die Rückrunde eigentlich genießen“, berichtet der Familienvater. Stattdessen zog er sich einen Zehenbruch zu und konnte erstmals im April beim Auswärtsspiel in Rostock wieder mitwirken. „Jetzt sind es nur noch zwei Spiele. Aber ich bin froh, dass wir zuletzt gegen Karlsruhe gewinnen konnten und uns so eine gute Ausgangslage für die letzten beiden Partien geschaffen haben“, so Bartels. Dass es in seinem letzten Heimspiel im Holstein-Stadion ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub St. Pauli geht, macht die Sache noch runder. „Was gibt es Geileres?“, fragt der Oldie zurecht und ergänzt: „Beim Abschied von unseren Fans gegen St. Pauli spielen zu dürfen, ist einfach großartig. Ich freue mich sehr darauf. Und wer weiß, vielleicht darf ich noch einmal einen einnetzen. Das wäre natürlich ein Traum!“

Apropos Fans: Die müssen in Zukunft sicherlich nicht komplett auf ihren Liebling verzichten. Schließlich bleibt Bartels in der Heimat und wird auch künftig ab und zu im Holstein-Stadion vorbeischauen. „Ich werde den Verein auch in Zukunft verfolgen, das ist ja klar“, so Bartels, der schon vor dem Spiel am Freitag ein paar Worte an die Fans richten möchte: „Hier in Kiel hat alles vor fast 18 Jahren angefangen, hier hört es auf.  Ich wünsche Holstein, den Fans und dem ganzen Klub alles Gute. Vielen, vielen Dank für die tolle Unterstützung in all den Jahren!“

Und auch, wenn noch zwei Spiele ausstehen. Bereits jetzt können wir sagen: Fin, du bist schon jetzt eine lebende Legende – wir werden dich vermissen!

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