Nachruf auf Dagmar Hansen-Kohlmorgen: „Daggi“ war die Beste

Die Erinnerungen an ihre großen Tage als Handballerin begleiteten Dagmar Hansen Kohlmorgen stets. Am 17. März verstarb die erfolgreichste Kieler Handballerin aller Zeiten

Am 18. April 1971 holten die Handball-Frauen der KSV Holstein in der Ostseehalle die Deutsche Meisterschaft. Für die Endrunde hatten sich zuvor die Meister der fünf Regionalverbände Süd, Südwest, West, Nord und Berlin qualifiziert. Der Norddeutsche Meister Holstein Kiel konnte sein Halbfinale in der Halle der damaligen Timm-Kröger-Schule am Elendsredder gegen den West-Meister Bayer Leverkusen mit 7:6 für sich entscheiden und zog wie schon ein Jahr vorher in das Endspiel gegen den neunfachen Titelträger 1. FC Nürnberg ein. Im Gegensatz zur knappen Niederlage im Vorjahr sollte die Mannschaft von Holstein-Trainer Kurt Bartels 1971 das bessere Ende für sich haben. Vor über 3.000 Zuschauern besiegten die Kielerinnen den Club mit 6:4 und holten den bis dato einzigen Meistertitel der Frauen nach Schleswig-Holstein. Aus der Meistermannschaft ragte eine Spielerin besonders heraus: Dagmar “Daggi“ Neutze (später Hansen-Kohlmorgen). Neutze (geb. am 21. Juni 1948) ist mit ihren 13 Länderspiel-Einsätzen, der Meisterschaft 1971 sowie der WM-Teilnahme 1973 in Jugoslawien bis heute die erfolgreichste Kieler Handballerin aller Zeiten. Am 17. März verstarb sie zuhause unweit der Forstbaumschule.

Die Gespräche mit der Kieler Handball-Legende waren immer geprägt von ihrem großen Wortwitz, tollen Erinnerungen an eine große Zeit im Holstein-Trikot und ihrer unnachahmlichen Schlagfertigkeit. Der Tag ihres größten Erfolges gehörte zu ihren persönlichen Highlights. „Wir hatten im Jahr zuvor das Endspiel beim 1. FC Nürnberg durch einen Abspielfehler von mir knapp verloren und wollten natürlich Revanche nehmen vor heimischer Kulisse. Wir konnten es gar nicht glauben, dass am Ende über 3.000 Zuschauer in die Ostseehalle kamen“, blühte sie beim Geschichtenerzählen förmlich auf. Mit Humor nahm sie auch die Erinnerung an die Siegprämie für den Meistertitel: „Wir haben ein gutes Steak bekommen, mehr war für uns wohl nicht drin. Eigentlich hatten wir uns ein Kaffeeservice gewünscht, aber das war dann wohl doch zu teuer. Wir fuhren nach dem Sieg gemeinsam in die Schweinsgeige hinter der Levensauer Hochbrücke und dort gab es dann ein schönes Essen für uns. Und den ein oder anderen Schnaps gab es natürlich auch.“

Dass Holsteins erfolgreiche Handballdamen auch ab 1975 in der eingleisigen 1. Bundesliga immer weit im Schatten der Fußballer standen, daraus machte die Kieler Rekord-Nationalspielerin nie einen Hehl: „Unserem Vorsitzenden Karl-Heinz Brandt waren wir eigentlich immer zu teuer. Vor allem in den Bundesliga-Jahren, in denen wir häufiger einen Tag früher anreisen mussten, sind einige Kosten angefallen. Dazu die Lunchpakete. Aber einmal hatte er einen guten Tag, da hat er uns neue Trainingsanzüge spendiert. Ihm war es immer wichtig, dass die Holstein-Mannschaften einen guten Auftritt in der Öffentlichkeit hatten.“ Auch auf die Frage nach dem Geheimnis ihres Erfolges hatte die Handballerin immer die passende Antwort parat: „Mein Jugendtrainer Werner Plewe hat immer mit mir Einzeltraining auf dem Föge-Platz hinter dem Stadion gemacht. Ich erinnere mich noch gut, wie er mit dem Ballnetz angeschleppt kam und mich mit auf den Platz nahm. Und das waren damals Bälle wie Kanonenkugeln, nicht so geschmeidige Dinger wie später im Handball. Er hat mir beigebracht, wie die Torhüter denken. Ich glaube, das hat mich geprägt und ich bin noch als Jugendliche in den Kader der 1. Mannschaft aufgerückt. Highlight war für mich dann natürlich die WM-Teilnahme 1973 in Jugoslawien.“

Bis zuletzt war „Daggi“ ein belebendes Element des Holstein-Traditionsclubs. Die KSV-Familie trauert um ihre größte Handballerin.

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