„Das beste Spiel nach dem 2. Weltkrieg“

Dieter Wendland, Holger Haltenhof und Harry Witt (von links) feierten 1978 den Sieg gegen den KSC

Weil am Samstag die KSV und der KSC aufeinander treffen, blicken wir noch einmal auf die Geschichte dieser Paarung zurück: Legendäre Spiele erlebten die Fans in der über 120 –jährigen Geschichte der Kieler Sportvereinigung Holstein von 1900 e.V. so einige. Ob es der atemberaubende 5:0-Auswärtssieg der Störche in der erstklassigen Oberliga Nord beim Hamburger SV am 14. Dezember 1952 war, die 3:4-Niederlage im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft am 22. Juni 1930 gegen Hertha BSC Berlin, der 4:1-Sieg im Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft am 30. Mai 1943 gegen den damals schier unbesiegbaren FC Schalke 04 oder das sensationelle 2:0 im DFB-Pokal-Achtelfinale als Regionalligist gegen den Erstligisten Mainz 05 am 21. Dezember 2011. Oder natürlich auch der Pokalsieg nach Elfmeterschießen gegen den Rekordmeister FC Bayern München im vergangenen Jahr. Doch wenn man in der Clubgeschichte auf die Suche nach der besten Vorstellung unserer Störche überhaupt geht, da nennen Augenzeugen immer wieder das legendäre Pokalspiel gegen den Karlsruher SC am 2. Dezember 1978.

Der KSC war damals im Gegensatz zum Kieler Zweitliga-Aufsteiger ein etablierter Profiverein und stand auf Platz eins der 2. Liga Süd. Zwischen 1975 und 1986 spielte Karlsruhe jeweils sechs Jahre in der Bundesliga und 2. Bundesliga. Und als Karlsruhe um Torhüterdenkmal Rudi Wimmer an jenem 2. Dezember 1978 in der 3. Rundes des DFB-Pokals im Holstein-Stadion gastierte, ging es eigentlich nur um die Höhe des KSC-Sieges.

Lange Zeit wurde der KSC seiner Favoritenrolle gerecht. Gerhard Bolt (23.) hatte Holsteins Führung durch Dieter Wendland (14.) schnell ausgleichen können und die Gäste befanden sich nach dem 2:1-Führungstreffer durch Stephan Groß in der 53. Minute auf der Siegerstraße. Zu allem Überfluss verschoss „Hammer-Harry“ alias Harry Witt in der 57. Spielminute noch einen Strafstoß für unsere Störche. Ging noch was für Holstein gegen den haushohen Favoriten aus Karlsruhe?

Was dann vor den 13.000 Zuschauern im rappelvollen Holstein-Stadion passierte, das verschlug selbst den glühendsten Verehrern unserer KSV die Sprache. Holstein spielte sich nach dem erneuten Ausgleich durch Manfred „Joschi“ Jochimiak (57.) in einen Rausch. Jürgen Weber, seit der Jugend Störche-Anhänger und über ein Jahrzehnt lang Mitglied im Holstein-Aufsichtsrat erinnert sich an damals: „Nachdem Joschi den Ausgleich gemacht hatte, gab es kein Halten mehr. Es brach ein Sturmlauf los, den ich bis dahin noch nie im Holstein-Stadion gesehen hatte. Wir brüllten die Mannschaft die letzte halbe Stunde nach vorne und die Jungs spielten fast wie in Trance einen Kombinationsfußball mit Flankenläufen und Körpereinsatz, der alle begeisterte.“ Der damalige Vorstopper Immo Stelzer ergänzt: „Der KSC war für uns eigentlich eine Übermacht, aber irgendwann nach dem verschossenen Elfer von Harry läutete auf der Gegengeraden die legendäre Holstein-Glocke und dann ging es für uns erst so richtig los. Unser Publikum trug uns zum Sieg.“ Am Ende siegten unsere Störche durch die drei weiteren Treffer von Jochimiak (70.), Dieter Wendlandt (73.) und Axel Möller (89.) mit 5:2. Das Holstein-Stadion wurde zum Tollhaus und zur Feier des Tages wurde nach dem Spielende das neue Holstein-Lied „Holstein Kiel kommt ans Ziel“ von Rudi dem Fetzer gespielt.

Auf der anschließenden Pressekonferenz meinte der sichtlich bewegte Holstein-Trainer Kuno Böge: „Ich glaube es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn ich sage, dass wir heute eine der besten, wenn nicht sogar die beste Leistung einer Holstein-Mannschaft nach dem 2. Weltkrieg gesehen haben!“

Bei dem ein oder anderen Zuschauer dürften am Sonnabend ab 13.30 Uhr, wenn die beiden Teams im Holstein-Stadion erneut aufeinander treffen, Erinnerungen wach werden.

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