Gegnercheck: Die Roten Teufel des 1. FC Kaiserslautern

Viele Legenden ranken sich um den kommenden Gegner der KSV Holstein, den 1. FC Kaiserslautern. Wenn am Sonnabend um 13:00 Uhr der Anpfiff auf der im Norden des Pfälzerwaldes gelegenen Anhöhe Betzenberg ertönt, dann liegt das größte Duell beider Teams beinahe 80 Jahre zurück.

Historie

In der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft trafen die Roten Teufel am 3. Mai 1953 erstmals überhaupt auf die Kieler Störche. Vor 50.000 Zuschauern im Südweststadion Ludwigshafen – das Stadion auf dem Betzenberg war für die ganz großen Spiele damals schlicht und einfach zu klein – siegte die legendäre Walter-Elf trotz eines überragenden Kieler Torhüters Henry Peper mit 2:1. Auch im Heimspiel hatte Holstein das Nachsehen und unterlag vor 17.500 Fans mit 2:4. Kaiserslautern sicherte sich später durch ein 4:1 gegen Stuttgart den Meistertitel.

Alte Freunde: Ottmar Walter (li.) und der eh. KSV-Schlussmann Henry Peper beim Schwelgen in gemeinsamen Holstein-Erinnerungen.
Im Südweststadion Ludwigshafen spielte Kaiserslautern 1953 gegen Holstein um die Deutsche Meisterschaft.

Dass es auf dem 285 Meter hohen Betzenberg mitunter heftig zur Sache geht, das liegt sicherlich am Temperament und der Begeisterungsfähigkeit der Pfälzer, aber auch am besonderen Ambiente der heute knapp 50.000 Besucher fassenden Arena, die am 2. November 1985 anlässlich des 65. Geburtstags von Ehrenspielführer und Weltmeister Fritz Walter in Fritz-Walter-Stadion umbenannt und 2006 zur Fußball-WM in Deutschland grunderneut wurde.

Warum eigentlich die roten Teufel?

Umgangssprachlich werden die Spieler des FCK seit Jahrzehnten als „Rote Teufel“ bezeichnet. Warum genau der Teufel hierfür gewählt wurde, lässt sich nicht mehr ganz genau feststellen. Möglich ist die Bezeichnung „teuflisch (gut)“ oder „wie die Teufel“ als Ausdruck der Begeisterung für die Spielweise der Mannschaft. Schon 1934 bezeichnete „Der Kicker“ die Betzenberger als Teufel doch gibt es hier zumindest keinen direkten Zusammenhang zu dem Begriff Rote Teufel, der nach dem 2. Weltkrieg bekannt wurde. Grund für die Bezeichnung im Kicker war damals eine Siegesserie der Lauterer, die „wie wildgewordene Teufel umher- und mit ihren Gegnern meist Schlitten zu fahren pflegten“. Die Farbwahl bezieht sich auf die Trikots des FCK, der erst ab 1948 ganz in Rot auflief.

Als Gründungsmitglied der Bundesliga spielte der FCK von 1963 bis 1996 durchgängig in der ersten Liga. Mit vier Deutschen Meisterschaften und zwei DFB-Pokalsiegen zählt der Club aus der Pfalz zu den erfolgreichsten Fußballvereinen der Republik. Und in der Ewigen Tabelle der 1. Bundesliga belegt der FCK derzeit immerhin noch den elften Platz. Dass der Ruhm der Roten Teufel inzwischen ein wenig verblasst ist, das liegt sicherlich an der sportlichen Berg- und Talfahrt, die im Sommer 1996 mit dem ersten Bundesliga-Abstieg begann und eigentlich bis heute anhält. Die vier Drittliga-Jahre von 2018  bis 2022 bildeten den Tiefpunkt der Vereinsgeschichte.

Holstein Kiel unterlag nur knapp dem späteren Deutschen Meister aus Kaiserslautern 1953 vor 50000 Zuschauern.
2017: Manuel Janzer trifft zum Sieg FCK Keeper Marius Müller machtlos

Ein voller Betzenberg?

Mit dem Aufstieg unter Trainer Dirk Schuster, der vor dem Start der Relegation 2022 gegen Dynamo Dresden Marco Antwerpen auf der Trainerbank ersetzte und nur wenige Tage danach mit den Roten Teufeln das Comeback in der 2. Bundesliga feiern durfte, soll nun an die großen Zeiten angeknüpft werden. Und die in den vergangenen Jahren leidgeprüften Lauterer Fans honorieren die Leistungen ihrer Mannschaft. 38.600 Zuschauer strömten in dieser Saison bislang im Schnitt auf den „Betze“, und am Sonnabend gegen die Störche dürfte – vor allem nach dem 3:1-Auswärtssieg am vergangenen Wochenende in Hannover – die 40.000er-Marke geknackt werden.

Direktvergleich

Zwischen dem Tabellenvierten vom Betzenberg (32 Punkte) und dem Tabellenachten aus Kiel (28) liegen momentan nur vier Zähler. Kaiserslautern darf nach dem Sieg bei Hannover 96 sogar ein wenig von der 1. Bundesliga träumen. Für Holstein könnte es am Sonnabend eine Premiere geben, denn in beiden bisherigen Punktspielen auf dem Betzenberg gab es noch keinen Dreier. Drei Mal traf Holstein Kiel in der 2. Bundesliga insgesamt auf Kaiserslautern, nur einmal verließ man als Sieger den Platz (Saison 2017/18). Damals markierte Manuel Janzer im Holstein-Stadion in der vierten Minute der Nachspielzeit den 2:1-Siegtreffer. Am Samstag steigt das vierte Zweitliga-Duell beider Klubs.

Um der stimmgewaltigen Kulisse sowie der Offensivpower der Roten Teufel etwas Ernsthaftes entgegensetzen zu können, benötigen die Störche das Feuer der zweiten Halbzeit aus dem Fürth-Spiel. Ohnehin kassierte der Aufsteiger aus Kaiserslautern bislang nur zwei Saison-Niederlagen, zeigte immer wieder Moral und Comebackqualitäten nach Rückständen. Vor allem in der Offensive überzeugte die Schuster-Elf mit 32 Treffern. Wichtig wird es für die Störche am Sonnabend ab 13 Uhr sein, Lauterns Top-Torjäger Terrence Boy (8 Saisontore) und Kenny Redondo (5) auszuschalten. Und auch Ex-Storch Daniel Hanslik, der es am Betzenberg längt zur Stammkraft geschafft hat, ist immer für einen Treffer gut. Aufstiegstrainer Dirk Schuster zeigt sich dennoch zurückhaltend und mahnt: „Bodenständig bleiben!“ Doch gerade das wird angesichts des Höhenfluges der Roten Teufel im emotional oft überladenen Kaiserslautern äußerst schwer. Vor allem wenn es am Sonnabend wieder heißt: „Der Berg ruft!“

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