75. Geburtstag von Peter Ehlers

Herzlichen Glückwunsch

An einem grauen kühlen Maimorgen des Jahres 1957 setzte sich ein roter Bus mit der Aufschrift „Holstein Kiel“ in Bewegung. An Bord die erfolgreiche Mannschaft der Störche, die kurz zuvor, einen Platz hinter dem großen Nordrivalen Hamburger SV rangierend, die Oberliga-Vizemeisterschaft unter Dach und Fach gebracht hatte und nun an einem Qualifikationsspiel zur Endrunde um die Deutsche Meisterschaft teilnehmen durfte.

Die Vize-Meisterschaft war das Tagesgespräch in der Landeshauptstadt. Den Störchen wurde aufgrund der Kameradschaft, Energie, Ausdauer und des Fleißes von allen Seiten höchste Anerkennung gezollt. Verletzungen von Leistungsträgern wie Biendarra, Bornemann, Trede, Moers oder auch Torhüter Peper setzte man einen unbändigen Kampf entgegen und begeisterte die Zuschauer auf dem altehrwürdigen Holsteinplatz. Die Rekordkulisse von 27.000 Zuschauern hatte das vorentscheidende Spiel gegen die Seeler-Elf verfolgt. Am Ende stand es 2:0 für die ‚Rothosen‘, den alten und neuen Nordmeister.

Der Holstein-Tross bereitete sich in der Sportschule Hennef auf das „Spiel der Spiele“ gegen Kickers Offenbach vor. Die Stimmung war gelöst, als es am 25. Mai mit dem Bus von Hennef in Richtung des Düsseldorfer Rheinstadions ging. Gegen die Kickers lief es im ersten Durchgang wie am Schnürchen. Knapp 40 Minuten waren gespielt, als Bornemann die KSV mit einem Doppelschlag kurz vor der Pause mit 2:0 in Führung brachte. Ein zweifelhafter Elfmeter und ein unglückliches Eigentor von Schmuck brachten nach 90 Minuten eine Verlängerung. 120 Sekunden vor dem Abpfiff dann das Aus. Ein umstrittener Freistoß landete im Holstein-Tor. Die Johannsen-Elf hatte trotz der günstigen Ausgangsposition die Endrunde verpasst und war in seiner Vereinsgeschichte niemals wieder so dicht dran wie an jenem Schicksalstag im Düsseldorfer Rheinstadion.

Mit von der Partie war mit dem damals 24-jährigen Peter Ehlers ein waschechter Kieler, der unter dem legendären Holstein-Trainer Helmuth Johannsen zum Leistungsträger und zur absoluten Integrationsfigur im Team der Störche avanciert war. Ehlers sollte bis zum Ende der 70er Jahre den sportlichen Werdegang der Nordlichter als Spieler, Trainer und Funktionär entscheidend mitprägen. In rund 700 Partien machte er sich als Stürmer, im Mittelfeld und am Ende seiner aktiven Laufbahn sogar auf der Liberoposition um die Störche verdient. Was andere ihm vielleicht vom Talent her voraus hatten, das machte Peter Ehlers durch Fleiß, Ehrgeiz und Leidenschaft wett. Noch heute sprechen ihn alteingesessene Holsteiner auf der Straße auf alte Ruhmestage an. Und Peter Ehlers, der am heutigen Dienstag seinen 75. Geburtstag feiert, empfindet noch immer eine große Dankbarkeit für die unvergessenen Erlebnisse und die Tatsache, dass er jahrelang mithelfen durfte, Holstein Kiel in der Spitze der höchsten deutschen Spielklasse zu etablieren. Wenige Tage vor seinem 75. Geburtstag sprachen wir mit dem Holstein-Rekordspieler.

Herr Ehlers, wie begehen Sie Ihren Ehrentag?

Peter Ehlers: Es wird keine große Feier geben, aber ich freue mich auf ein gemütliches Essen im Kreise der Familie. Darüber hinaus hat mich der Schleswig-Holsteinische Fußball-Verband für den 27. Januar zu einem Jahrestreffen eingeladen. Dort soll es eine Laudatio geben. Ich bin sehr gespannt.

Wie gestalten Sie heutzutage Ihre Freizeit?

Ich lese nach wie vor sehr gerne, habe aber kürzlich mit der Anschaffung eines Computers auch Neuland betreten. Mein ältester Sohn führt mich derzeit in die Geheimnisse des Internet ein. So habe ich neuerdings sogar die Möglichkeit, mich auf diesem Wege über das Geschehen in der Welt des Fußballsports zu informieren. Und wenn es meine Beine erlauben, dann gönne ich mir immer noch gerne einen Spaziergang zum alten Markt. Grundsätzlich bin ich froh, dass ich den Sport früher so betrieben habe, dass ich heute noch gesund bin.

Besuche im Holstein-Stadion sind demnach nur noch selten Bestandteil Ihrer Wochenendplanung…

Ehrlich gesagt habe ich den Abstieg noch längst nicht verdaut. Die Enttäuschung war und ist riesengroß. Spiele wie das 1:6 in Gladbach kann man so schnell nicht vergessen, das ist einfach demoralisierend. Ich habe in dieser Saison noch nicht den Weg ins Stadion gefunden.

Wie beurteilen Sie aus der Distanz die derzeitige Entwicklung bei den Störchen?

Ich hoffe sehr, dass man den Aufstieg in die 3. Bundesliga mittelfristig realisieren kann. Viele Herzen hängen an diesem Verein und bei manchem ist sogar das Wohlbefinden eng mit der sportlichen Situation bei der KSV verknüpft. Auch die innere Struktur der Sportstadt Kiel hängt eng mit dem Erfolg von Holstein Kiel zusammen. Ein Aufstieg könnte der Stadt einen Schub geben. Ich denke, dass die Bedingungen weiter vorhanden sind, den Sprung nach oben zu schaffen.

Sie selbst scheiterten in den 60er Jahren mit Holstein auf Ihrem Weg in die 1. Bundesliga…

Sie spielen sicher auf die Ereignisse des Jahres 1965 an. Ich habe keine guten Erinnerungen an die Aufstiegsrunde. Aufgrund meiner Roten Karte am Bökelberg in Gladbach konnte ich ja nur zwei Spiele mitmachen. Schlimmer als das Scheitern in der Aufstiegsrunde war für die weitere Entwicklung der KSV Holstein aber eigentlich das Verpassen der neuen Bundesliga zwei Jahre zuvor. Im letzten Qualifikationsjahr vor der Gründung haben wir ganz schlecht abgeschnitten. Einige unserer Nachwuchskräfte waren vielleicht noch nicht so weit.

Hätte sich Holstein denn im Fall der Fälle langfristig in der Bundesliga etablieren können?

Ich bin da sehr unsicher. Die wirtschaftlichen Grundlagen für Bundesliga-Fußball waren nicht gegeben. Und Leute wie Hermann Langness und Gerhard Lütje waren damals weit und breit nicht zu finden. Es fehlte trotz der starken Mannschaft im Umfeld einfach die Struktur. Außerdem waren die meisten Stammspieler schon über 30 Jahre alt und gingen geregelten Berufen nach. Ich selbst hätte vielleicht einen Vertrag mit geringerer Trainingsverpflichtung für die Bundesliga aushandeln können, aber nicht nur die weiten Fahrten wären eine große Belastungsprobe geworden.

Nach Ihrer aktiven Laufbahn haben Sie den Fußball auch als Trainer und Funktionär erleben dürfen…

Es war eine unheimlich spannende Erfahrung für mich, den Fußball vor allem durch meine Verbandstätigkeit und ihrer wichtigen sozialpolitischen Komponente kennenzulernen. So habe ich auch die enormen Veränderungen im Fußball hautnah mitbekommen. Es muss immer schneller gehen im Fußball, ein konsequenter Aufbau von unten ist kaum noch möglich. Und je höher die Spielklasse, desto problematischer wird es, der eigenen Jugend zu vertrauen. Aber letztlich ist auch nichts vollkommen Neues, dass man auf Spieler von auswärts setzt. Auch unsere erfolgreiche Holstein-Mannschaft bestand vor 50 Jahren schon aus Spielern aus dem gesamten Bundesgebiet.

Peter Ehlers – Zahlen, Daten, Fakten

Mitgliedschaft in Vereinen: Union Teutonia Kiel: von 1942-1946, VfB Kiel: 1946 bis 1953, Holstein Kiel: 1953 – 1981, SV Friedrichsort: 1981 bis heute.

Holstein-Statistik: 368 Punktspiele (48 Tore), davon in den Jahren 282 Einsätze von 1953-1963 in der Oberliga Nord (37 Tore) sowie 86 Partien (11 Tore) von 1963-1966 in der Regionalliga Nord. Trainer der 1. Mannschaft von 1968 bis 1972. Beisitzer bzw. 2. Vorsitzender von 1975 bis 1977.

Größte Erfolge: Vizemeister der Oberliga Nord und Teilnahme an der Qualifikation zur Endrunde um die Deutsche Meisterschaft 1957, Meister der Regionalliga Nord und Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur 1. Bundesliga 1965.

Ämter im SHFV: Hospitant von 1977 bis 1980, Beisitzer von 1980 bis 1981, 2. Vorsitzender von 1981 bis 1990, 1. Vorsitzender von 1990 bis 1999, Ehrenpräsident seit 2005.

(Patrick Nawe)

Foto: Peter Ehlers 1965 während des Aufstiegsspiels zur 1. Bundesliga gegen SSV Reutlingen.

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