Das traditionsreiche Nordderby zieht die Fans schon seit 100 Jahren in ihren Bann.
Da war sie also gerissen am 9. September 2022, die Erfolgsserie der Kieler Störche in der 2. Bundesliga gegen den einst so großen HSV. Keines der insgesamt acht Zweitliga-Duelle von Sommer 2018 bis Frühjahr 2022 konnte der HSV für sich entscheiden. Dann aber war es so weit. Tim Walter entführte mit den Rothosen von seiner alten Wirkungsstätte die drei Zähler und etablierte seine Mannschaft an der Spitze – bis heute. Als Trainer unsere Störche führte Tim Walter in seiner ersten Saison in Kiel die Mannschaft auf den sechsten Tabellenplatz. Bevor der bekennende Golf-Liebhaber beim HSV landete, trainierte er ein halbes Jahr lang den VfB Stuttgart.
Insgesamt 127 Mal trafen die Störche und Rothosen bislang aufeinander. 78 Mal setzte sich der Hamburger SV durch, 23 Mal hieß es Unentschieden und 26 Mal verließen die Störche als Sieger den grünen Rasen.
Apropos Tim Walter, am 3. August feierte die KSV Holstein ausgerechnet mit Walter im Hamburger Volkspark den 3:0-Erfolg, der von den Kieler Fans zum größten Sieg der eigenen Zweitliga-Geschichte gewählt wurde. Fans der Störche schwärmen heute noch in höchsten Tönen von diesem Ereignis. Über 6.000 Kieler Schlachtenbummler waren damals mit von der Partie – und werden es auch am kommenden Sonnabend wieder sein, wenn das legendäre Nordderby ansteht, das schon in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum Besten gehörte, was der Fußball-Norden zu bieten hatte. Damals – und bis 1963 – spielte sich das Ganze noch gemeinsam in der höchsten, deutschen Spielklasse.
Bis jetzt sieht es mit der Mission Aufstieg ganz gut aus für die Hamburger. Doch klar ist auch, nun erst beginnt die heiße Endphase der Saison. Und immer dann taten sich die Rothosen in den vergangenen vier Zweitliga-Spielzeiten besonders schwer. Spätestens seit der 2:4-Niederlage im Karlsruher Wildpark am vergangenen Sonntag dürften die Sinne beim Hamburger Renommierclub geschärft sein. Wenige Wochen nach der Vertragsverlängerung von Walter darf eigentlich nichts mehr schief gehen in Sachen Aufstieg, oder?
Beim Nordderby Rothosen gegen Störche muss der HSV ohne die Anweisungen von Walter auskommen, denn im Spiel gegen den KSC sah der Coach kurz vor Schluss die Rote Karte, weil er sich zu vehement beschwerte. Damit darf er sich während des Spiels am Sonnabend weder in den Kabinen, noch im Innenraum des Stadions aufhalten.
Dennoch gehen die Hamburger natürlich als Favorit ins Rennen. Und das, obwohl Walter nach der Niederlage im Wildpark harte Kritik an seinem Team übte: „Das war mit das Schlechteste, war der HSV in meiner Zeit jemals auf den Platz gebracht hat. Wir haben in der ersten Halbzeit nicht stattgefunden. Das war schlecht, da brauchen wir uns gar nicht rausreden.“ Doppeltorschütze Robert Glatzel fand noch deutlichere Worte für die Vorstellung beim KSC: „Bodenlos“ und eine „Vollkatastrophe“. Der verletzte Kapitän Sebastian Schonlau fehlte dem HSV enorm. Auch gegen Kiel fehlt der etatmäßige Abwehrchef.
Doch unabhängig vom Ausgang der Partie am Sonnabend, rein von den Erfolgen her wird der HSV für die Störche auf ewig unerreicht bleiben. Sechs Deutsche Meistertitel gewann der HSV in seiner bemerkenswerten Geschichte, den letzten davon in der Saison 1982/83 unter dem renommierten Trainer Ernst Happel. Die Hamburger holten sich einmal den Europapokal der Pokalsieger (1977) und einmal den Europapokal der Landesmeister (1983). Im Jahr 1963, 1976 und 1987 wurde der HSV zum DFB-Pokalsieger gekürt. Der HSV ergatterte in der erstklassigen Oberliga Nord (1947 bis 1963) von 1948 bis 1953 sowie 1955 bis 1963 den Titel. Holstein durfte immerhin einmal die Viktoria in die Höhe strecken – und zwar am 26. Mai 1912 an der Hamburger Hoheluft. Nicht allzu weit entfernt von der legendären Heimstätte des HSV an der Rothenbaumchaussee. In zwei weiteren Endspielen um die Deutsche Meisterschaft (1910 und 1930) unterlag Kiel dem Karlsruher FV (0:1) und Hertha BSC Berlin (4:5).
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