Größter Auswärts-Support der Holstein-Vereinsgeschichte im 130. Nordderby

So euphorisch hatte man Marcel Rapp selten erlebt. Nach dem Schlusspfiff des Nordderbys riss unser Coach die Arme hoch, brüllte seine Begeisterung heraus und stürmte auf den Platz. Gemeinsam mit den Störchen tanzte er vor dem rappelvollen Kieler Fanblock, in dem von der Sportschau kolportierte 10.000 KSV-Anhänger ihre Helden frenetisch feierten. Tatsächlich hatten noch nie zuvor in der Vereinsgeschichte so viel Holstein-Fans ihre Mannschaft mit zu einem Auswärtsspiel begleitet. Bestehende Rekorde wie die 5.000 Kieler beim Gewinn der Herbstmeisterschaft am Hamburger Rothenbaum im November 1952 oder die 4.500 Schlachtenbummler im März 2019 in Köln wurden pulverisiert. Schon beim ersten Punktspielauftritt der Störche im Volksparkstadion im August 2018 waren über 5.000 Kieler Fans mit dabei und sahen einen fulminanten 3:0-Erfolg.

„Holstein ist zu beneiden!“

Als im Aufstiegsjahr zur 2. Liga Nord 1978 der FC St. Pauli auf dem Holsteinplatz gastierte und der Kieler Aufsteiger vor 13.000 Zuschauern einen 0:1-Rückstand in den Schlussminuten noch in einen denkwürdigen 2:1-Erfolg umgebogen hatte, sah der damalige Gästetrainer Sepp Piontek in den Holstein-Fans ein Faustpfand für den KSV-Aufschwung: „Holstein ist um dieses Publikum zu beneiden.“ Die derzeitige Euphorie rund um unsere Störche erinnert an die Begeisterungsstürme Ende der 70er Jahre. Während es damals „nur“ um die 2. Liga Nord ging, klopft unsere Mannschaft heute ernsthaft an das Tor zur 1. Bundesliga. 

Sander und Becker angetan

Die Euphorie geht natürlich auch an unseren Spielern nicht vorbei. Kapitän Philipp Sander meinte nach dem Sieg im Nordderby angetan: „Aktuell kann man nur staunen. Ich habe das Gefühl, dass die ganze Stadt elektrisiert ist. Der Support ist in den vergangenen Wochen noch einmal explodiert. Und egal, wie weit entfernt wir spielen, unsere Fans stehen in immer größerer Zahl hinter uns. Das trägt natürlich auch dazu bei, dass wir zu solchen Leistungen in der Lage sind.“ Auch Timo Becker, der auf Erfahrungen im Fußball-Tempel des FC Schalke 04 zurückschauen kann, freut sich über die Entwicklung in Kiel: „Ich glaube, dass sich in den letzten zwei Jahren, in denen ich dabei bin, eine Menge getan hat. Natürlich merkt man im Gegensatz zu anderen Traditionsvereinen wie Schalke, Dortmund oder dem HSV, die in der Vergangenheit auch häufig international gespielt haben, dass Holstein viele Jahre in unteren Spielklassen unterwegs war und eher ein kleinerer Verein ist. Bei Auswärtsspielen stehen unsere Fans allerdings schon unheimlich hinter uns, gerade in dieser Phase der Saison. Und wenn man in Kiel sieht, wie groß die Begeisterung gerade auch bei den ganz jungen Fans ist, dann kann ein Verein wie Holstein stolz darauf sein. Mit konstantem Erfolg kann die KSV eine feste Größe im Norden sein.“ 

Fans bleiben „entspannt“

Ähnlich sieht es Tobias Meier, Vorsitzender des Fanclubs „Gruppo Ernesto“: Die KSV ist auf dem besten Weg, wieder an die ganz großen Zeiten anzuknüpfen. Die Fans sind aber auch vor den Endspielen noch entspannt und nicht zu euphorisch. Irgendwie passt die norddeutsche Unaufgeregtheit zu uns. Selbstbewusst, aber fokussiert – das trifft es am besten. Wir haben großes Vertrauen in die Fähigkeiten der Mannschaft.“ Innerhalb des Fanblocks geht es dann aber mitunter doch mächtig hoch her. „Mir sind komplett fremde Menschen auf die Schulter gesprungen nach dem Siegtor und überall flog Bier durch die Gegend. Viele schlugen die Hände vors Gesicht, weil sie es vor Aufregung kaum aushielten“, berichtet Holstein-Fan Domenica Psiuk. Auch Holstein-Urgestein Immo Stelzer ist unter Strom : „Damals bei unseren Spielen ist die Stimmung vor allem in den letzten Minuten regelmäßig explodiert. Heute ist es so, dass die Ultras über 90 Minuten nach vorn gehen und Alarm machen. Offensichtlich steigt das Stimmungsbarometer auch bei Auswärtsspielen noch einmal extrem an.“ 

Zuschauerboom

Der Höhenflug unserer Störche schlägt sich natürlich auch in den Zuschauerzahlen im Holstein-Stadion nieder. Erst zum siebten Mal in der Vereinsgeschichte hat die KSV mehr als 10.000 Besucher im Schnitt. Mit den ausverkauften Heimspielen gegen Kaiserslautern und Düsseldorf einberechnet, ist der Besuch von über 13.800 Fans pro Spiel ein neuer Vereinsrekord. „Wir konnten in dieser Saison die Zahl noch einmal um mehr als 1.500 Zuschauer pro Spiel steigern, das freut uns enorm“, so Geschäftsführer Wolfgang Schwenke, der auch schon zu Zeiten der viertklassigen Regionalliga Nord dabei war und den Aufschwung der KSV Holstein maßgeblich mitgeprägt hat.

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