Vor dem 300. Zweitliga-Spiel: Unsere zehn größten Duelle

Im Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim feiern unsere Kieler Störche ein besonderes Jubiläum. Nach 118 Begegnungen in der 2. Liga Nord (1978 bis 1981) und 181 Partien in der eingleisigen 2. Bundesliga (seit 2017) steht an diesem Sonntag das insgesamt 300. Zweitliga-Spiel auf dem Programm. Grund genug für uns, einmal zurückzuschauen auf die spannendsten, größten und bemerkenswertesten Duelle. Unter Mithilfe unserer Fans sind wir auf Spurensuche gegangen.

GÄNSEHAUT MIT DEN DENKEDRANS

Zahlreiche Spiele, die den Kieler Zuschauern bis heute nachhaltig in Erinnerung geblieben sind, schafften den Sprung in die Top 10 nicht, auch wenn sie von enormer Brisanz geprägt waren. So wie das 3:3 gegen Arminia Bielefeld am 18. Mai 1980, das 3:3 gegen Fortuna Köln nach 0:3-Rückstand am 9. September 1979, das torreiche 4:4 am 9. November 2018 in Paderborn, das erste Punktspiel am Betzenberg im Februar 2018, der 1:0-Sieg am Millerntor am 28. Oktober 2018, der 3:1-Heimsieg einen Tag vor dem Weihnachtsfest 2018 gegen den Hamburger SV oder auch das fulminante 6:3 in Wiesbaden am 23. November 2019. Aber auch das 1:1 gegen den HSV am 9. November 2020 schrammte haarscharf an einer Top-Platzierung vorbei, was eindeutig für die große Anzahl emotionaler Ereignisse in den 299 zurückliegenden Zweitliga-Auftritten unserer Störche spricht. Für Denkedrans-Bandmitglied Jan Rolfs war das Remis gegen die Rothosen dennoch eines seiner absoluten persönlichen Highlights: „Ich habe lange überlegt, welches Spiel für uns als Band das größte war und da komme ich immer wieder auf das 1:1 gegen den HSV. Es war der Tag des 20-jährigen Bandjubiläums und das des Fanclubs Elite. Matze und ich betraten den Rasen vor über 13.000 Fans. Denkedrans-Sprechchöre und Denkedrans-Transparente waren auf den Rängen zu hören und zu sehen. Und die Hymne wurde so laut mitgesungen, dass wir auf dem Rasen unser eigenes Wort und Gitarrenspiel kaum verstehen konnten. Gänsehaut pur! Auf dieser Welle wurden wir durch den ganzen Tag getragen und es mündete in einer sagenhaften Party am Abend in der Räucherei – Holsteingeist inklusive!“ Andere mussten weitaus tiefer in ihrer Erinnerungskiste kramen auf der Suche nach ihrem Lieblingsspiel. Für Siegfried „Sigi“ Förster, lange Jahre auch Stadionsprecher der 1. Mannschaft, war die Partie bei Rot-Weiss Lüdenscheid 1978 einfach grandios. „Es war nicht nur mein erstes Auswärtsspiel mit dem eigenen Auto, sondern auch noch der erste Zweitliga-Auswärtssieg überhaupt“, strahlt der Ur-Holsteiner noch heute bei der Erinnerung an den 4. November 1978.

TOP 10 DER 2. LIGA

Doch welches waren denn nun die spannendsten, emotionalsten oder gar besten Zweitliga-Spiele der Störche aller Zeiten? Zahlreiche Holstein-Fans gaben uns in den vergangenen Monaten Hinweise auf ihre persönlichen Highlights. Besonders interessant dabei, dass sich unter den „größten“ Spielen sogar zwei Niederlagen finden. Unsere Top 10 erheben sicherlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Endgültigkeit. Vielmehr hoffen wir auf rege Diskussionen auf den Rängen, die wir dann hoffentlich zu unserem 400. Zweitliga-Spiel erneut für Euch aufbereiten dürfen.

PLATZ 10

Holstein Kiel – FC St. Pauli 2:1

(1. Oktober 1978)

Harry Witt war im Jahre 1978 für die Kieler Elfmeter zuständig.

Bundesliga-Absteiger und Top-Favorit FC St. Pauli ging vor 13.000 Zuschauern auf dem Holsteinplatz durch Arno Steffenhagen (67.) in Führung und alles sah nach einem Sieg für die Hamburger aus. Eine Ohrfeige von St. Pauli-Stürmer Tune Hansen gegen einen Kieler Balljungen sorgte für zusätzliche Brisanz. Doch dann ging es rund. Auf der Gegengeraden läutete die legendäre Holstein-Glocke die Schlussphase ein und das temperamentvolle Kieler Publikum peitschte unsere Störche nach vorn. Harry Witt per Foulelfmeter (84.) und Immo Stelzer (88.) ließen die Stimmung explodieren. St. Paulis Trainer Sepp Piontek meinte nach dem Schlusspfiff anerkennend: „Holstein ist um dieses Publikum zu beneiden!“

PLATZ 9

VfB Stuttgart – Holstein Kiel 0:1

(20. Oktober 2019)

Unsere Störche feierten im Oktober 2019 einen Auswärtscoup beim VfB Stuttgart.

Holstein gelang am 20. Oktober 2019 unter Ole Werner beim VfB Stuttgart mit dem 1:0-Auswärtssieg vor über 54.000 Zuschauern ein wahrer Coup. Die lange Zeit passive Grundausrichtung änderten unsere Störche nach dem Platzverweis für Holger Badstuber (53.) komplett. Zwei Minuten später erzielte Jae-Sung Lee das Tor des Tages. Eine Bogenlampe von der linken Seite köpfte der südkoreanische Nationalspieler stark ins lange Eck und ließ VfB-Keeper Gregor Kobel keine Chance.

PLATZ 8

1. FC Köln – Holstein Kiel 4:0

(31. März 2019)

Rund 4.000 Kieler Fans waren im März 2019 in der Domstadt dabei.

Denkwürdiges ereignete sich am 31. März 2019 im Kölner Rhein-Energie-Stadion. Zwar unterlagen unsere Störche vor 50.000 Zuschauern gegen den von Ex-Coach Markus Anfang trainierten Zweitliga-Spitzenreiter 1. FC Köln durch die Treffer von Simon Terodde (22.), Jonas Hector (26.), Jhon Cordoba (46.) und Anthony Modeste (90.) deutlich mit 0:4, doch die 4.000 mitgereisten Kieler Schlachtenbummler feierten ihre Mannschaft und vor allem sich selber 90 Minuten lang frenetisch. Ein magischer Moment bei der Niederlage war der von Kenneth Kronholm parierte Terodde-Elfmeter kurz vor der Halbzeitpause. Die Holstein-Party fand nach dem Schlusspfiff auf den Rängen und später in der Domstadt ihre Fortsetzung.

PLATZ 7

Fortuna Düsseldorf – Holstein Kiel 1:1

(6. Mai 2018)

Marvin Ducksch erzielte im Mai 2018 in Düsseldorf den Ausgleichstreffer zum 1:1-Endstand.

50.000 Zuschauer, ein Feuerzeug-Wurf gegen KSV-Keeper Kenneth Kronholm sowie die Führung der Platzherren durch Benito Raman (75.) – Holstein Kiel ließ sich in der stimmungsvollen Düsseldorfer Esprit-Arena am vorletzten Spieltag der Saison 2017/18 durch nichts aus der Ruhe bringen und sicherte sich am Ende als Aufsteiger durch ein verdientes 1:1-Unentschieden den Einzug in die Relegationsspiele gegen den VfL Wolfsburg. Für den viel umjubelten Kieler Ausgleich sorgte Torjäger Marvin Ducksch nur zwei Minuten nach dem Rückstand mit einem sehenswerten Schlenzer aus 16 Metern. Knapp 4.000 mitgereiste Kieler Fans feierten nach dem Spielende – und auch die Fortuna durfte jubeln, denn durch das Remis stand der Düsseldorfer Bundesliga-Aufstieg fest.

PLATZ 6

Holstein Kiel – SV Sandhausen 2:2

(30. Juli 2017)

Steven Lewerenz verkürzte im Juli 2017 im Heimspiel gegen den SV Sandhausen.

Eine Explosion der Gefühle erlebte das Kieler Holstein-Stadion bei der lang ersehnten Zweitliga-Rückkehr am 30. Juli 2017. 36 Jahre hatte Kiel darauf warten müssen. Da tat auch ein 0:2-Halbzeit-Rückstand gegen die Gäste aus Sandhausen der tollen Atmosphäre kaum Abbruch. Vermutlich hätten die Fans auch bei einer Niederlage applaudiert, doch es sollte ganz anders kommen. Nach dem Anschlusstreffer durch Steven Lewerenz markierte Marvin Ducksch in der vierten Minute der Nachspielzeit per direkt verwandeltem Freistoß den späten Ausgleich. Der kollektive „Jaaaaa!“-Schrei aus über 9.000 Kieler Kehlen fuhr wie der Stromschlag eines Defibrillators durch alle Körper und ließ das Holstein-Stadion ausrasten. Wahrscheinlich erlebten wir damals am 30. Juli 2017 gegen den SV Sandhausen den lautesten Kieler Zweitliga-Torjubel überhaupt.

PLATZ 5

Union Berlin – Holstein Kiel 4:3

(4. August 2017)

2.500 Kieler Fans erlebten im August 2017 einen turbulenten Abend an der Alten Försterei.

Auch eine Niederlage kann sich positiv in die Herzen der Fans einbrennen. Das 3:4 an der Alten Försterei am 2. Spieltag der Saison 2017/18 ist der Beweis für diese These. Was die 21.000 Zuschauer – darunter rund 2.500 Kieler Fans – an jenem Augustabend erlebten, gehört zu den denkwürdigsten ersten 30 Minuten der Zweitliga-Historie überhaupt. Sechs Treffer binnen einer halben Stunde und die erlebte Rasanz waren atemberaubend. Dass am Ende der heutige Kieler Steven Skrzybski den 4:3-Siegtreffer für die Eisernen erzielte, konnte Holstein verschmerzen. Denn was folgte, war eine Serie von vier Siegen in Folge und der Sprung in die Spitzengruppe der 2. Bundesliga.

PLATZ 4

Holstein Kiel – Hertha BSC 2:1

(6. September 1980)

Horst Hamann traf 1980 gegen Hertha BSC im Fallen zum Sieg.

Zum 80. Vereinsjubiläum machten sich unsere Störche 1980 selber das größte Geschenk. Die Spannung war – wie so oft in der Historie gegen Hertha BSC – kaum zu überbieten. Den frühen Rückstand durch Werner Killmaier bogen die Störche mit unbändigem Kampfgeist um. Dimitrios Daras (34.) traf aus spitzem Winkel und Horst Hamann brachte das Leder kurz nach dem Wiederanpfiff im Fallen per Hand an Hertha-Keeper Gregor Quasten vorbei im Gehäuse unter. „Tor des Monats“ titelten die Kieler Nachrichten nach dem Abpfiff. Nach dem Spiel sorgten einige Hertha-Frösche, wie schon zuvor auf den Stehrängen, für Unruhe im Clubheim „Bei Heini“. Gastwirt Heini Rehmcke sorgte höchstpersönlich für Disziplin, schnappte sich einige Herthaner und bugsierte sie eigenhändig vor die Tür der legendären Gaststätte. Es war der letzte große Sieg der Störche vor dem Abstieg aus der 2. Liga Nord.

PLATZ 3

SV Werder Bremen – Holstein Kiel 2:3

(29. April 2022)

Im Liegen schob Julian Korb im April dieses Jahres das Leder zum Kieler Auswärtssieg beim SV Werder Bremen über die Linie.

Das vielleicht denkwürdigste Spiel der Saison 2021/22 erlebten die Fans am 29. April in Bremen. Dank einer überragenden Mannschaftsleistung drehte Holstein einen 0:2-Rückstand im Stile einer Klassemannschaft. Beim Aufstiegsanwärter Werder Bremen herrschte nach dem goldenen Tor von Julian Korb zum 3:2 in der 85. Minute derweil eine regelrechte Schockstarre. „Es ist schon cool“, sagte unser Trainer Marcel Rapp nach dem kolossalen Sieg, der unseren Störchen endgültig den Klassenerhalt und damit ein weiteres Jahr in der 2. Bundesliga garantierte. Drei Spieltage vor dem Saisonende. Beim denkbar schwersten Gegner. In einem restlos ausverkauften Weserstadion. Die über 3.000 mitgereisten Kieler Schlachtenbummler feierten den Sieg noch lange nach dem Schlusspfiff. „Ein Hauch von Barcelona“, titelten die Kieler Nachrichten in Anspielung an die Fans der Frankfurter Eintracht.

PLATZ 2

Holstein Kiel – Westfalia Herne 2:1

(9. August 1978)

Holger Haltenhof traf im August 1978 zum ersten Zweitliga-Sieg der KSV gegen Herne.

Nicht ganz nach oben auf dem blau-weiß-roten Treppchen schaffte es das erste Zweitliga-Heimspiel der KSV Holstein überhaupt, das zugleich auch der erste Sieg im Bundesliga-Unterhaus werden sollte. „Es war vielleicht nicht das beste Spiel, aber sicherlich das emotionalste“, schwört KSV-Fan „Didi“ noch heute. „Mit Bernd Brexendorf auf der Gegenseite, 2:1 gewonnen und über 10.000 Fans aus dem Häuschen“, erinnert sich der Holstein-Anhänger. In der Tat versetzte der Sieg gegen Herne das Kieler Publikum in einen wahren Freudentaumel. Volker Tönsfeldt mit dem ersten Zweitliga-Tor der Vereinsgeschichte und Holger Haltenhof trafen für die KSV und egalisierten somit das Elfmetertor der Gäste durch Franz-Josef Laufer. Nach vier Jahren Tristesse in der Drittklassigkeit markierte der Sieg gegen Westfalia Herne das Comeback der Störche auf der großen Fußball-Landkarte.

PLATZ 1

Hamburger SV – Holstein Kiel 0:3

(3. August 2018)

Die Frage nach dem „größten“ Zweitliga-Spiel der Holstein-Vereinsgeschichte brachte in den vergangenen Wochen ein ziemlich einhelliges Ergebnis, denn wohl nie zuvor und danach wurde ein Erfolg derart begeistert gefeiert wie der sensationelle 3:0-Auswärtssieg unserer Störche beim Hamburger SV am 1. Spieltag der Saison 2018/19.

20.278 Tage hatten die Fans auf ein Punktspiel zwischen dem Hamburger SV und der KSV Holstein warten müssen, seit sich die Wege beider Teams mit Einführung der 1. Bundesliga im Jahre 1963 getrennt hatten. Über 6.000 Kieler Schlachtenbummler hatten unser Team ins ausverkaufte Volksparkstadion begleitet und sahen eine taktische Meisterleistung gegen den erstmals in der 2. Bundesliga antretenden HSV. Jonas Meffert (56.), David Kinsombi (78.) und Mathias Honsak (90.+2) sorgten für einen nie für möglich gehaltenen Endstand. Vor allem der frisch verpflichtete südkoreanische WM-Star Jae-Sung Lee überragte und zog im Mittelfeld die Fäden.

Sicherlich wird der 3:0-Erfolg im Volkspark nur schwer zu toppen sein, zu klar fielen damals vor dem Spiel die Machtverhältnisse und Prognosen aus, zu sensationell war der Endstand. Doch wir dürfen gespannt sein, was in den nächsten 100 Zweitliga-Partien für unsere Störche noch möglich sein wird. Denn eines ist klar: Wir können mit vielen tollen Erinnerungen und Emotionen auf die vergangenen 300 Begegnungen im Bundesliga-Unterhaus zurückblicken. In diesem Sinne: Nur Holstein Kiel!

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